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Keine Ausrutscher mehr

Barrierefrei wohnen: Im Alter lohnt es sich, einen Umbau zu prüfen. Foto: Jörg Lantelme

Viele wünschen sich ein barrierefreies Bad. Bauexperte Alexander Kanellopulos über Stolperfallen, Kosten und Fördermittel.

Jeder fünfte Deutsche ist älter als 66 Jahre. „Sicher baden oder duschen kann nur noch ein Bruchteil davon“, sagt Alexander Kanellopulos von der Berliner Plattform meinbadumbau.de. Seit 2018 berät er bundesweit Familien, wie sie ihr Bad barrierefrei umbauen können. Er begutachtet Bäder, bestellt Materialien, kümmert sich um Fördermittelanträge und Handwerker vor Ort. „Die meisten Senioren erwägen einen barrierefreien Badumbau erst, wenn die Not groß und die Beweglichkeit etwa nach einem Sturz oder einer OP schon mächtig eingeschränkt ist“, sagt Kanellopulos. Doch auch dann könne man mit dem Umbau binnen zwei Wochen beginnen – auch für unter 4.000 Euro. Das ist der Zuschuss, der jedem Menschen ab Pflegegrad 1 zusteht.

Wir haben Herrn Kanellopulos gefragt:

Sie sehen tagtäglich Bäder. Was sind dort die schlimmsten Stolperfallen für ältere Menschen?

Bei mir geht die Warnlampe an, wenn ich rutschige Fliesen sehe. Oder hohe Einstiege bei der Badewanne. Ganz oft ist in Wohnungen aus den sechziger und siebziger Jahren der Türrahmen viel zu schmal, also unter einem Meter breit. Da kommt dann kein Rollstuhl durch.

Was würde man hingegen in einem wirklich barrierefreien Bad nie finden?

Eine Badewanne. Von der müssen Sie sich verabschieden. Hauptmerkmal eines barrierefreien Bades ist eine begehbare Dusche.

Warum ist ein barrierefreies Bad für Ältere so wichtig?

Weil vorhandene Bäder baulich nur selten optimal für das Leben im Alter ausgestattet sind. Weil Senioren mit einem auf ihre Bedürfnisse angepassten Bad in der Regel länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden wohnen können. Außerdem reduziert sich dadurch das Risiko zu stürzen oder sich zu verletzen – und deswegen ins Pflegeheim umziehen zu müssen. Trotzdem ist es oft schwierig, Ältere zu überzeugen, das Bad sicherer zu gestalten.

Viele Kinder stoßen bei ihren Eltern stoßen auf Widerstand, wenn sie den Vorschlag machen.

Das ist auch meine Erfahrung. Viele Senioren sind erst mal skeptisch. Sie lieben ihr altes Bad, es war die letzten 40 Jahre gut, warum jetzt nicht mehr – das verstehen sie nicht. Manche sagen auch, ein Umbau lohne sich gar nicht mehr – sie seien ja schon so alt. Viele überschätzen sich auch – und unterschätzen gleichzeitig die Gefahr, die in einem nicht barrierefrei gestalteten Bad lauert. Hinzu kommt, dass manche sich auch nicht gerne beraten lassen. Einen Fremden dafür ins eigene Bad zu lassen, sind sie nicht gewohnt. Das gilt in der älteren Generation als etwas sehr Intimes.

Wie können Kinder ihre skeptischen Eltern überzeugen?

Mit dem Argument, Papa, dann kannst Du länger in deinem Haus oder in deiner Wohnung bleiben – und ein neues und sicheres Bad genießen. Ins Heim wollen die wenigsten Senioren. Oft kommen aber auch Mitarbeiter von Pflegediensten zu uns und sagen, bitte schau dir das Bad mal an–auch das wirkt bei den Senioren.

Sollte man erst jenseits der 60 über einen Umbau zu einem barrierefreien Bad nachdenken?

Nein. Auch junge Familien denken oft schon an die Zukunft, zumal auch junge Menschen und Kinder bodenebene und geräumige Duschen toll finden, sie bergen ja generell weniger Verletzungsgefahr. In modernen Wohnungen finden Sie oft keine Wanne mehr.

Kann man jedes Bad barrierefrei umbauen?

Im Grunde ja. Aber je kleiner das Bad ist, desto weniger Spiel- und damit Bewegungsraum haben Sie natürlich. Dennoch gibt es sehr pfiffige Lösungen, selbst für Bäder, die nur drei Quadratmeter groß sind.

Darf ein Mieter sein Bad einfach barrierefrei umbauen?

Nein, er benötigt dafür Grünes Licht vom Vermieter oder der Hausverwaltung. Manche Vermieter verlangen, dass der Mieter eine Kaution hinterlegt, um mögliche Bauschäden bezahlen zu können. Andere verlangen, dass der Mieter das Bad im Falle des Auszugs zurückbaut. Dazu kommt es aber oft nicht. In der Regel ist ein barrierefreies Bad ein Plus, es wertet die Wohnung auf.

Auf was sollte ich beim barrierefreien Bad achten?

Lassen Sie alles weg, woran Sie sich mit Arm, Kopf oder Bein stoßen oder worüber Sie fallen könnten. Die Fliesen in der Dusche, aber auch im restlichen Bad, sollten rutschfest sein, hier gibt es Abstufungen bis zur Rutschstärke 9, auch bei Rutschfestfolien. Bringe Sie die Armaturen so an, dass sie nicht im Weg sind und Sie sie auch von einem Duschstuhl aus erreichen. Wichtig sind Halterungen und Handläufe. Beim Umbau sollte man auch spätere Nachrüstungen wie etwa einen Duschlift, einen Duschsitz, eine niedrigere Toilette oder einen in der Höhe verstellbaren Waschtisch mitdenken–barrierefrei ist nicht gleichzusetzen mit pflegefreundlich. Und stellen Sie sicher, dass Waschbecken und Co. richtig befestigt sind. Falls Sie stürzen.

Was ist bei einer barrierefreien Dusche zu beachten?

Dass der Duschboden ebenerdig ist. Oft ist das in älteren Häusern ab dem dritten oder vierten Stockwerk nicht möglich, weil die Abflüsse zu hoch liegen. Dennoch sollte die Schwelle nicht mehr als zehn Zentimeter messen. Stellen Sie auch sicher, dass Rollstuhl und Pfleger problemlos bis zur Dusche oder dem Duschsitz gelangen können. Das wird oft vergessen, gerade in engen Badezimmern. Man sollte sich zumindest einmal umdrehen können.

Muss der Duschvorhang weg?

Besser ist ein Festglas-Element aus Sicherheitsglas. Das springt nicht, wenn Sie dagegen fallen. Kunststoffwände hingegen sind nicht so stabil. Ideal ist, wenn man den fest verankerten Spritzschutz dennoch auch wegklappen kann – dann kann eine Pflegekraft dem sich Duschenden unter die Arme greifen, ihn halten und waschen. Was kostet ein barrierefreier Umbau? Das hängt vom Umfang des Umbaus und den Ansprüchen ab. Im Grunde können Sie ein Bad für 4.000 Euro barrierefrei umbauen, das entspricht der Fördersumme, die jedem Menschen ab Pflegestufe 1 für den barrierefreien Umbau zusteht. Oft kostet der Umbau jedoch mehr, weil die Betroffenen wider Erwarten doch ein neues Waschbecken oder neue Fließen wollen. Wer Wände versetzt, braucht eventuell einen Statiker und Architekten. Aber 80 Prozent meiner Kunden schaffen den Umbau mit den geförderten 4.000 Euro. Die meisten haben wenig Geld. Ihnen tun selbst 300 Euro richtig weh.

Ist bei der Beleuchtung des barrierefreien Bads etwas zu beachten?

Das ist individuell je nach Raum. Wichtig: es muss hell sein. Das schützt vor Stolperfallen.

Braucht es nicht immer neue, rutschfeste Fliesen?

Nein. Es gibt tolle Lösungen aus PVC, sieht aus wie Fliesen, fasst sich an wie Fliesen, ist aber keine Fliese – und außerdem günstiger, weil weniger handwerksintensiv. Diese Böden sind extrem rutschfest. Anders als Fliesen, die nach dem Verlegen erst mal nicht betreten werden dürfen, trocknet dieser Boden schnell.

Apropos PVC – wirken Barriere freundliche Lösungen optisch altbacken?

Im Gegenteil. Es gibt bei barrierefreien Materialien, Wannen und Armaturen die volle Farbpalette und sehr moderne Modelle. Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Dass die Nachfrage da ist, haben inzwischen auch die Hersteller begriffen.

Das Gespräch führte Martina Hahn.

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