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Erste Online-Oma-Backschule der Welt versüßt Lockdown

In der Backakademie im Generationencafé "Vollpension" in Wien können Omas und Opas sich etwas dazuverdienen. Foto: Mark Glassner

Wien – Viele junge Leute, die in die Stadt ziehen, vermissen die gemütliche Atmosphäre bei den Großeltern oder möchten sich bei älteren Menschen geborgen fühlen und sie unterstützen. Das haben die Macher von “Vollpension” schnell erkannt. Sie gründeten 2012 in Wien das gleichnamige, österreichische Sozialunternehmen und starteten mit einem alten VW-Bus. Der diente als mobiles Kaffeehaus. 2015 wurde das erste “Generationencafé Vollpension” eröffnet, ein Ort, an dem sich Alt und Jung begegnen und austauschen. Die Mehlspeisen, also die Kuchen und Torten, bereiten Omas zu, von den Gründern liebevoll “Oldies” genannt. Sie können so als Geringverdiener mit rund 400 Euro ihre Pension aufstocken und allen Gästen den Gaumen versüßen. Der feine Geruch von frisch gebackenem Kuchen und die herzliche Atmosphäre sind im gesamten Raum zu spüren. Unbezahlbar. Wer die dazugehörige Internetseite besucht, spürt sofort den Spaß, den alle Besucher der Generationencafés gemeinsam haben. Weil das bei allen Süßmäulern so gut ankam, waren die Plätze rar. Ein zweites “Generationencafé Vollpension” wurde eröffnet – 2019. Es ist an die Universität in Wien zur Untermiete angeschlossen. Und während die Jugend paukt, backen die Oldies “Nervennahrung”. Bis die Pandemie kam. 

Generationencafé Vollpension

Vollpension Gründerteam: Hannah Lux, Julia Krenmayr, Moriz Piffl-Percevic. Foto: Mark Glassner

„Unsere Vision ist eine Welt, in der Alt und Jung auf Augenhöhe mit- und voneinander lernen, gemeinsam das Leben leben und zusammen helfen. Eine Gesellschaft, deren tägliches Handeln auf Mitmenschlichkeit und von Herzen kommendem Respekt vor dem Alter und der Jugend basiert. Das Gemeinsame steht vor dem Trennenden. Einsamkeit und Armut im Alter haben in dieser Gesellschaft keinen Platz.“

Mit Oma-Know-How ins Internet 

Während des Lockdowns mussten neue Ideen her. Die älteren Menschen sollten nicht vereinsamen, der so wichtige Austausch zwischen Jung und Alt am Leben erhalten werden. Der kleine finanzielle Zugewinn soll der älteren Generation nicht verloren gehen. Also wird umgedacht. “Der Sinn unseres Generationencafés ist das physische Zusammenkommen von Jung und Alt, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen”, sagt David Haller, einer der Mitbegründer des “Generationencafés Vollpension”. “Da blieb uns nur, mit Oma und Opa digital zu gehen. Wir entwickelten eine E-Learning-Plattform, auf der Backkurse online angeboten werden. So kann sich die Generation über 65 weiterhin etwas dazu verdienen und mit backinteressierten jungen Menschen in Kontakt bleiben,” beschreibt Haller das kreative Projekt. 

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Ein Backstudio wurde im “Generationencafé Vollpension” bereits eingerichtet, um vor Ort in Wien den jungen Menschen Backkurse zu geben. Kurz darauf wurden hier die Oldies beim Backen gefilmt und die Rezepte der köstlichen Mehlspeisen von Oma in die Welt gesendet. Unterrichtet werden die Grundlagen des Backens, Rezepte für Wiener Klassiker, Veganes Backen und passend zur Jahreszeit verschiedene Rezepte, wie etwa im Advent Weihnachtskekse. Die Videos sind sehenswert, denn sie sind authentisch und humorvoll. Oma ist eben Oma und keine Schauspielerin. Für 99 Euro Beitrag pro Jahr erhalten Backfans vier OMAsterclasses.

Wie Omas und Opas mit Backspaß ihr Pensionskonto auffüllen

Die Idee mit dem Backstudio wurde schnell erweitert. Die anhaltende Corona-Situation erfordert es. Backkurse werden “live” gegeben, im Streaming. Übersetzt heißt das: Via Internet werden die Aktionen direkt übertragen. Man kann sie nicht nur in Wien, sondern auf der ganzen Welt sehen. Ganz so, als wäre man Gast bei Oma oder Opa im Café. Doch bevor die Oldies mit ihrem Backzauber im Internet zu sehen sind, müssen die Grundkriterien erfüllt werden. Dazu gehört das herkömmliche Alter eines Pensionisten, die Liebe zum Backen und der Mut zur Live-Übertragung. Und wenn die Technik mal klemmt? Kein Problem! Das Team der “Vollpension” steht den angehenden Backomas und -opas auch bei technischen Schwierigkeiten unterstützend zur Seite. “Learning by doing” ist das Motto, und aus Fehlern wird man sowieso klug.

Kleiner Tipp: Viele freie Computerprogramme bieten die Möglichkeit zu einer Live-Übertragungen kostenlos für private Teilnehmer an. Systeme wie Zoom, Skype oder Teams werden schon länger gerne von Großeltern, Kindern und Enkelkindern genutzt, um in Kontakt zu bleiben. Warum also nicht auch mal mit Süßmäulern gemeinsam backen? 

Auch Opas sind in der Backstube gefragt

“Von 50 Senioren sind vielleicht fünf Männer”, erzählt David Haller. “Männer sind eher schüchtern, obwohl sie auch oft sehr gerne backen,” ist seine Annahme. Der Beweis, dass auch Männer backen, ist die erste Teilnahme eines deutschen Backlehrers am Live-Kurs im November 2021. Der “Back-Opa” kam aus der Nähe von Frankfurt und hat mit den Teilnehmern eine Apfeltorte mit Marzipangitter gebacken. Die Zutatenliste und der Link für den Online-Kurs werden generell bei jedem Kurs einige Tage vor dem Online-Kurs an die Teilnehmer per E-Mail verschickt. “Es handelt sich hierbei um ein wirklich einmaliges Erlebnis, bei dem Jung und Alt interaktiv und mit Spaß zusammen einen Kuchen backen, der anschließend auch als Ergebnis verbleibt. Diese Kurse werden nicht online gestellt,” sagt Haller. Bis Mitte Dezember gilt der internationale Teilnahme-Aufruf, um backbegeisterte Omas und Opas zu Live-Streaming-Kursen als Backlehrer*innen einzuladen. Die Kurse kosten für maximal acht backbegeisterte Teilnehmer jeweils 29,90 Euro, wobei die Hälfte der Einnahmen den Backlehrern als Zusatzverdienst zugute kommt.

Mit Kuchen gegen Altersarmut und für den Generationendialog:
David Haller mit Frau Marianne. Sein Lieblingskuchen ist die Zupftorte. „Sie ist ein bißchen wie ein Cheesecake, nur mit Kakao“, schwärmt er. Foto: Generationencafé Vollpension
Mutter Mayr im Kochstudio des „Generationencafé Vollpension“ bei den Drehaufnahmen zu ihrem Backkurs. Foto: Vollpension
Auch Opas sind in der Backstube des „Generationencafés Vollpension“ gefragt. Foto: Mark Glassner
Der Generationendialog zwischen Jung und Alt steht an erster Stelle. Foto: Mark Glassner
Im „Generationencafé Vollpension“ in der Schleifmühlgasse in Wien kommt sofort ein heimeliges Gefühl auf. Foto: Mark Glassner
Frau Karin aus der Vollpension bei einem Online-Livebackkurs in ihrer Küche mit ihrem Tablet. Foto: Manuel Gruber

Mit Mehlspeisen macht man Menschen glücklich

Die Mitarbeiter der “Vollpension” haben ihr Konzept gefunden, mit dem sie gegen die Vereinsamung und Verarmung älterer Menschen vorgehen. Jeder kann einen Beitrag leisten und für sich selbst ein Glücksgefühl mitnehmen. “Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mein Gedächtnis löschen”, sagt David Haller. “Ich würde gerne nochmal ein erstes Mal in das Café der “Vollpension” gehen, mich ganz von vorne berauschen lassen. In der “Vollpension” sieht es aus wie bei Oma. Es riecht wie bei Oma. Es ist ein so besonderes Erlebnis, das für mich schon fast zu selbstverständlich geworden ist.” 

Anette Rietz

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

  • Das Team ist sehr international, zwölf Sprachen werden gesprochen. Oldies aus Australien, Indien und Pakistan haben sich ebenfalls schon zugeschaltet. Auch Frau Jayashree aus Pune (Indien) wird dabei sein und ihr 90 Jahre altes Rezept für Kardamon-Coconut-Barfi mit Pistazien Crumble an Backfreudige weitergeben. 
  • Omas Wissen zum Verschenken finden Sie hier
  • Der Online-Shop der Vollpension finanziert das soziale Unternehmen
  • Erhältlich sind bereits Backvideos, Backutensilien (Oma-Hardware), Schürzen, Backbücher, Rezeptkartenboxen und Video-Kurspakete (4 Kurse der OMAsterclasses für 99,00 Euro). Alles Einnahmen für den sozialen Zweck unter dem Motto “Online einkaufen und Oma supporten”. Bloß die Torten können leider nur vor Ort ausgeliefert werden. 
  • Backen lernen von der Oma macht Spaß.
  • Warum Sie Omas und Opas supporten sollten, sehen Sie hier
  • Wegen der aktuellen Corona-Situation bietet die “Vollpension” derzeit einen Mitnahme-Service in Wien an. Ein weiterer Standort wird am Schwedenplatz gerade gebaut. Es handelt sich um Buchtel-Stores, die als Pop-Up-Shop mit Verkauf von Süßspeisen den Zusatzverdienst der Omas und Opas erhalten. Wer nicht nach Wien kommt, findet das Buchtelrezept der Vollpension  hier

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