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Vererben, aber richtig!

Zwei Hände reichen sich ein Sparschwein.
Wie kann ich beim Vererben Steuern sparen und meinem Enkel etwas Gutes tun? Foto: Stock Adobe/W PRODUCTION

Dresden – In vielen Köpfen ist angekommen, mit „warmer Hand“ zu schenken. Das hat zum einen den Reiz, dass der Erblasser teilhaben kann, wie sein Geld eingesetzt wird. Zum anderen schmilzt er sein Vermögen zu Lebzeiten ab und mindert gegebenenfalls die Steuerpflicht.

Worauf bei Schenkungen und Vererben zu achten ist, fragten wir Frank Simon, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht, Kanzlei BSKP.

Herr Simon, angenommen, eine betagte Seniorin möchte ihren Kindern Geld schenken. Nehmen wir an, sie möchte ihr Vermögen von 20.000 Euro abschmelzen. Kann sie die gesamte Summe in einem Vorgang überweisen?

Ja, denn der steuerliche Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG beträgt für Kinder 400.000 Euro. Selbst für Dritte, wie zum Beispiel Freunde und Bekannte, sieht diese Vorschrift noch einen Freibetrag von 20.000 Euro vor.

Ist es intelligenter, für einen Enkel ein Sparbuch anzulegen und das Erbe kontinuierlich dort einzuzahlen?

Für Enkelkinder gilt ein steuerlicher Freibetrag von 200.000 Euro. Dieser Freibetrag erneuert sich nach Ablauf von zehn Jahren. Bei der aktuellen Zinslage sind die Zinsen, die es im Rahmen einer Geldanlage auf einem Sparbuch gibt, nicht relevant. Ob man dementsprechend das Geld auf einen Schlag oder in kleinen Teilbeträgen dem Enkelkind zukommen lässt, hängt von anderen Faktoren – wie etwa dem Alter des Enkelkindes – ab. Ist es noch sehr jung und kann mit dem Geld nicht viel anfangen, ist sicherlich die kontinuierliche Einzahlung auf ein Sparbuch oder die Geldanlage in börsengehandelte Fonds, Exchange Traded Fund (ETFs) eine sinnvolle Idee. Auf diese Weise hat man die Möglichkeit, im Falle eines Falles auf spontan eintretende Umstände zu reagieren und gegebenenfalls die monatliche Teilzahlung zu verringern.

Was, wenn die Seniorin drei Jahre später in ein Pflegeheim zieht? Müssen die Beschenkten dann die überwiesene Summe an das Pflegeheim zur Erstattung der Kosten zahlen? Was geschieht mit dem Sparbuch des Enkels?

Sofern die Seniorin trotz Eintritt des Pflegefalles noch über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt, ergibt sich kein Problemfall. Ein solcher kann nur dann eintreten, wenn die Seniorin nicht aus eigenen Stücken in der Lage ist, die Aufwendungen für das Pflegeheim zu bezahlen. In einem solchen Fall kommt es darauf an, wer von der Seniorin beschenkt wurde. Handelt es sich um die Kinder der Seniorin, dann könnte unter Umständen eine Unterhaltspflicht der Kinder zugunsten der Seniorin bestehen.

Vielen ist der Kindesunterhalt bekannt, aber auch umgekehrt kann eine Unterhaltspflicht bestehen. Nach dem Gesetz schulden Verwandte in gerader Linie einander Unterhalt und diese Unterhaltsverpflichtung besteht in beide Richtungen.

Handelt es sich um Dritte, also Personen, die nicht zur Zahlung von Verwandtenunterhalt verpflichtet sind, kommt eine Rückforderung der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass die Seniorin nicht in der Lage ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Der Beschenkte kann die Herausgabe der Schenkung durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrages abwenden.

Herr Simon von der Firma BSKP im Profilbild.
Foto: PR

Welche Beratung leistet BSKP?

Frank Simon, ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht, Mediator (BAFM) sowie Geschäftsführender Gesellschafter der Kanzlei BSKP.

Familienrecht und Erbrecht sind komplex und anspruchsvoll. Sie erfordern immenses Wissen und Durchsetzungsvermögen, aber auch Taktgefühl und diplomatisches Geschick.

Wie hoch ist die Obergrenze einer Schenkung? In welchen Jahresfristen sollten spezielle Summen überwiesen werden?

Die Freibeträge, die nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterfallen, sind in § 16 Abs. 1 ErbStG geregelt. Für Ehegatten und Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes beträgt der Freibetrag 500.000 Euro, für Kinder 400.000 Euro, Enkel 200.000 Euro und Personen, wie zum Beispiel Stiefkinder, Eltern und Großeltern 100.000 Euro. Für alle weiteren Personen – also insbesondere Freunde oder Lebensgefährten – beträgt der Freibetrag lediglich 20.000 Euro.

Bei der steuerlichen Begünstigung merkt man deutlich die vom Gesetzgeber beabsichtigte Privilegierung der Ehe: Unter Ehegatten lässt sich ein Freibetrag von 500.000 Euro ausschöpfen, unter nicht verheirateten Lebensgefährten beläuft sich der Freibetrag auf nur 20.000 Euro. Die Freibeträge können alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden und gelten für jedes Kind einzeln. Bei zwei Kindern, kann ich als Elternteil also insgesamt 800.000 Euro Vermögen steuerfrei übertragen, sofern ich jedem Kind 400.000 Euro schenke.

Wir konstruieren einen weiteren Fall: Die verwitwete Seniorin wird von ihrem Sohn gepflegt. Sie hinterlässt 200.000 Euro nach ihrem Ableben. Dieses Erbe muss zwischen Sohn und Tochter aufgeteilt werden. Oder darf der Sohn für die Zeit der Pflege der Mutter einen Ausgleich verlangen?

Das Gesetz sieht unter Umständen eine Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings – also eines Kindes – in § 2057a BGB vor. Unter derartige besondere Leistungen fällt auch die Pflege des verstorbenen Elternteils während längerer Zeit. Der Sohn darf also für die Zeit der Pflege der Mutter einen Ausgleich verlangen. Dies allerdings nur dann, wenn er nicht bereits zu Lebzeiten der Mutter für die Pflegeleistung entlohnt wurde.

Wonach bemisst sich die Höhe des Ausgleiches für die Pflegeleistung?

Das Gesetz sieht keine konkrete Berechnung vor, sondern schreibt lediglich vor, der Ausgleich sei so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht. Das OLG Schleswig hat in einem Urteil vom 22. November 2016 (Az. 3 U 25/16) ein dreistufiges Verfahren entwickelt:

1. Zuerst sind Dauer und Umfang der Pflegeleistung festzustellen und es ist zu erwägen, in welchem Umfang der Nachlass durch die Pflegeleistung entlastet wurde.

2. Sodann sind der Wert der Pflege des Abkömmlings für den Erblasser und die Nachteile und Vorteile für den pflegenden Abkömmling zu berücksichtigen.

3. Schließlich sind die Vermögensinteressen der anderen Erben und der Pflichtteilsberechtigten sowie die Höhe des Nachlasses zu berücksichtigen. Der Ausgleichsbetrag darf nicht den Wert des gesamten Nachlasses erreichen.

Zur Ermittlung des Wertes der Pflegeleistung werden meist die ersparten Heimkosten herangezogen. Der Wert der Pflegeleistung wird dann oft berechnet wie folgt: (Ersparte Heimkosten pro Monat) x (Anzahl der Monate, in denen Pflegeleistung erbracht wurde) x 2.

Bei einem Nachlass von 200.000 Euro erhält der Sohn also dann wieviel?

Das lässt sich pauschal natürlich nicht beantworten, weil die ersparten Heimkosten variieren. Man orientiert sich hier an lokalen Durchschnittswerten. Bei Heimkosten im Umfang von ca. 1.600 Euro pro Monat – dies entspricht dem aktuellen Schnitt in Sachsen laut Verband der Ersatzkassen – und einer angenommenen Dauer von 2 Jahren ergäbe sich nach der o.g. Berechnung also ein Ausgleichsbetrag in Höhe von 1.600 Euro x 24 Monate x 2 = 76.800 Euro.

Das Gespräch führte Katrin Fiedler.

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

Auch das Thema „Vererben“ gehört zur Vorsorge. Deshalb ist es ein Bestandteil unserer Veranstaltung „Richtige Altersabsicherung für den Ernstfall“.

Sie findet am 21. September 2023 statt. 

Referenten: Frank Simon, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht, Kanzlei BSKP, und Jens Bischoff, Geschäftsführer AICON Assekuranz- und Immobilien GmbH & Co.KG 

Beginn: 17.30 Uhr 

Ort: Foyersaal Sächsische Zeitung, Haus der Presse, Ostra-Allee 20, 01067 Dresden 

Eintritt: 4 Euro pro Person Anmeldung: Aufgrund begrenzter Plätze ist eine Reservierung dringend erforderlich.

Vormerken: Haben Sie ganz individuelle Fragen, dann können Sie vor Ort direkt bei den Experten einen Termin reservieren. Für den 5. Oktober 2023, können Sie eine 90-minütige Fachberatung in der Zeit zwischen 9 und 18 Uhr buchen. Abonnenten der Sächsischen Zeitung zahlen 99 Euro, Nichtabonnenten 149 Euro. Gern können Sie für Ihre Ihren Buchungswunsch für den Beratungstag auch telefonisch unter 0351 4864 1860 (Mo. bis Fr. von 8-18 Uhr) durchgeben.

Lesen Sie auch hierzu unseren Beitrag „Warten auf den Ernstfall? Lieber vorsorgen!“.

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