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Ist meine Datsche in Gefahr?

Wenn die Datsche in Gefahr ist, schauen die Langzeitbesitzer traurig. Foto: ID1974

Dresden – Für viele Altbesitzer sind sie der Lebensmittelpunkt, zumindest in den wärmeren Jahreszeiten. Doch bereits 2015 ist der Kündigungsschutz der allseits beliebten Wochenendhäuschen, für die es noch einen DDR-Pachtvertrag gibt, abgelaufen. Die eigene Datsche auf fremden Grund und Boden – die Probleme könnten nun anfangen. Denn seit Oktober 2022 ist die so genannte Investitionsschutzfrist ausgelaufen.

Wir sprachen zum Thema mit Peter Ohm, 1. Vizepräsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN):

Herr Ohm, können Sie uns bitte erklären, was die Investitionsschutzfrist beinhaltet?

Wer ein Wochenendhaus auf fremdem Grund und Boden sein Eigen nennt und dazu über einen Pachtvertrag aus DDR-Zeiten verfügt, hat sicher schon einmal vom Schuldrechtsanpassungsgesetz gehört. Das kommt in diesen Fällen zur Anwendung, wenn es zum Beispiel um Kündigungen, Entschädigungen oder Abrisskosten geht.

Was heißt das konkret?

Laut diesem Gesetz fällt der Bungalow automatisch an den Grundstückseigentümer,

wenn das noch aus DDR-Zeit bestehende Vertragsverhältnis beendet wird. Wenn der

Grundstückseigentümer den Vertrag kündigt, musste er dem bisherigen Datscheneigentümer aber bisher eine Entschädigung entsprechend dem Zeitwert der auf dem Grundstück vorhandenen Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen erstatten. Das versteht man unter Investitionsschutz. Den gibt es jedoch nun seit dem 3. Oktober dieses Jahres nicht mehr geben. Den Kündigungsschutz gibt es ja schon seit 2005 nicht mehr.

Was bedeutet das ab Oktober 2022 für die Nutzer einer Datsche?

Das Vertragsverhältnis endet ab 3. Oktober 2022. Fortan gibt es nur noch eine Entschädigung, wenn die Datsche den Verkehrswert des Grundstückes erhöht. Das ist dann der Fall, wenn der Grundstückseigentümer das an ihn gefallene Wochenendhaus selbst weiternutzt, vermietet oder samt Grundstück verkauft. Das gilt übrigens auch, wenn der bisherige Bungaloweigentümer den Vertrag kündigt.

Wie wird eine solche Verkehrswerterhöhung berechnet?

Die Erhöhung des Verkehrswertes wir in der Regel nach dem Ertragswertverfahren

errechnet. Wesentlicher Punkt ist dabei, welchen Gewinn der Grundstückseigentümer in den folgenden Jahren zum Beispiel über Mieteinnahmen mit dem Bungalow erwirtschaften kann.

Wer legt diesen Verkehrswert fest und was muss man tun, um an die Entschädigung zu kommen?

Am besten ist natürlich, beide Parteien einigen sich in einem solchen Fall gütlich über

eine Entschädigungssumme. Ansonsten muss der bisherige Datscheneigentümer einen Gutachter beauftragen und auch bezahlen. Weigert sich der der Grundstückseigentümer, die vom Gutachter errechnete Summe zu zahlen, muss man diese vor Gericht einklagen. Besser wäre in diesem Fall, beide Parteien einigen sich im Vorfeld auf einen bestimmten Gutachter und auch darauf, dass sie sein Ergebnis dann akzeptieren.

Was passiert aber, wenn der Grundstückseigentümer die Datsche nach Vertragsende abreißt?

Der Grundstückseigentümer, der ja dann auch Eigentümer der Datsche ist, kann diese natürlich auch abreißen. Hat er selbst gekündigt, muss er die Kosten dafür bisher allein tragen. Hat der Datscheneigentümer gekündigt, kann ihm der Grundstückseigentümer 50 Prozent der Abrisskosten in Rechnung stellen. Bedingung ist, dass er innerhalb eines Jahres nach Besitzübergang abreißt.

Gibt es auch bei den Abrisskosten Veränderungen?

Leider ja. Endet das Vertragsverhältnis nach dem 3. Oktober 2022 muss der einstige Bungaloweigentümer in jedem Fall die Hälfte der Abrisskosten zahlen. Das gilt auch, wenn der Grundstückseigentümer kündigt. Bedingung bleibt, dass innerhalb eines Jahres nach Besitzübergang abgerissen wird. Und ab 2023 soll auch diese Regelung nicht mehr gelten. Damit besteht die Gefahr, dass die Bungaloweigentümer die vollen Abrisskosten tragen müssen, auch wenn man noch sehen muss, wie das letztlich die Gerichte darüber entscheiden.

Sollte man deshalb besser selbst zum Jahresende kündigen, um nicht Gefahr zu laufen, den gesamten Abriss allein bezahlen zu müssen?

Das kommt auf den Einzelfall an. Ein Abriss ist ja in der Regel nur zu befürchten, wenn es für das Grundstück auch Baurecht gibt, also ein Neubau entstehen kann. Besonders wenn man ohnehin mit dem Gedanken spielt, das Grundstück aufzugeben, sollte man dann ernsthaft über eine Kündigung bis zum Jahresende nachdenken. Sollte der Grundstückseigentümer den Bungalow überraschend doch weiternutzen, kann innerhalb von drei Jahren immer noch eine Entschädigung entsprechend der Verkehrswerterhöhung des Grundstücks geltend gemacht werden. Das klingt alles sehr kompliziert, doch so sind nun einmal die Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes.

Oft stehen die Bungalows jedoch in Landschaftsschutzgebieten bzw. den Außenbereichen von Gemeinden, wo nichts Neues gebaut werden darf. Der Grundstückseigentümer würde seinen Grund und Boden dann selbst entwerten, wenn er den unter Bestandsschutz stehenden Bungalow abreißt. All das sollte man vor einer Entscheidung analysieren.

Welche Fristen müssen wir einhalten, wenn wir den Grundstücksnutzungsvertrag für unsere Datsche noch bis Ende des Jahres kündigen wollen?

Wenn es dazu keine spezielle Regelung im Vertrag gibt, kommen die Kündigungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anwendung. Bei Datschengrundstücken handelt es fast ausschließlich um Pachtverträge. Somit beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate zum Pachtjahresende. Die Kündigung muss spätestens bis zum dritten Werktag des halben Jahres, mit dem Pacht enden soll, nachweislich zugegangen sein. Sollte das Pachtjahr das Kalenderjahr sein, müsste die Kündigung also spätestens bis zum 4. Juli erfolgen, weil der 3. Juli in diesem Jahr ein Sonntag ist.

Das Grundstück, auf dem unsere Datsche steht, ist kein Bauland. Was, wenn die Gemeinde es nach meiner Kündigung einem anderen Pächter übergibt? Ist das statthaft?

Die Gemeinde als Grundstückseigentümer wird nach der Kündigung Ihres DDR-Vertrages Eigentümer des Bungalows und kann diesen samt Grund und Boden weitervermieten. Dann muss die Gemeinde Ihnen jedoch eine Entschädigung entsprechend der Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks zahlen.

Was muss ich tun, wenn ich die Datsche weiter nutzen möchte und bis Oktober noch keine Kündigung erhalten habe?

Sie müssen gar nichts tun. Denn es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass ab 3. Oktober das Schuldrechtsanpassungsgesetz endet und damit auch die alten DDR-Verträge auslaufen. Folglich gibt es auch keinen Automatismus, der ein Vertragsende zu einem bestimmten Zeitpunkt bewirkt. Nur die Kündigung von Grundstückseigentümer oder Nutzer oder die beiderseitige Einigung zur Aufhebung des Vertrages führt zur Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Peter Ohm, 1. Vizepräsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN). Foto: PR

Peter Ohm ist 1. Vizepräsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN).

Ist mein Pachtvertrag vererbbar?

Nach dem Tod des Nutzers wird der Vertrag mit dessen Ehegatten oder Lebenspartner fortgesetzt, wenn auch der Ehegatte oder Lebenspartner Nutzer ist. So heißt es im Schuldrechtsanpassungsgesetz. Verstirbt auch dieser, tritt der gesetzliche Erbe in den weiterbestehenden Vertrag mit den gleichen Rechten und Pflichten ein.

Ich bin schon sehr betagt und nutze den Garten so lange wie es geht. Die Pachtgebühr geht von meinem Konto ab. Kann ich das ändern und meine Kinder zahlen die Gebühr weiter?

Um deutlich zu machen, dass Sie weiterhin Nutzer des Grundstücks sind, sollten Sie Überweisungen fortführen. Die Kinder können ja wiederum an Sie einen Betrag in Höhe der Pacht überweisen.

Muss der Grundstückseigentümer über mein Ableben durch die Erben informiert werden?

Ihre Erben sollten, wenn dieser Fall eintritt, dem Grundstückseigentümer eine Kopie des Erbscheins schicken und ihm mitteilen, dass sie in den bestehenden Pachtvertrag eintreten.

Mir wurde ein Erbbaupachtvertrag angeboten. Worauf muss ich achten?

Wenn Ihnen ein neuer Vertrag angeboten wird, sollten Sie sich in jedem Fall juristisch beraten lassen. Vieles kann auch durch eine Vertragsergänzung festgelegt werden. Und gerade die Vor- und Nachteile eines Erbbaupachtvertrages hängen entscheidend von den konkreten Abreden ab, die Sie mit dem Grundstückseigentümer treffen. Hier gilt es gründlich abzuwägen.

Ich möchte von meinem im Schuldrechtsanpassungsgesetz verankerten Vorkaufsrecht Gebrauch machen? Welche Möglichkeiten habe ich?

Das Vorkaufsrecht laut Paragraph 57 des Schuldrechtanpassungsgesetzes gilt dann, wenn der Grundstückseigentümer erstmalig einen Kaufvertrag mit einem Dritten bereits abgeschlossen hat. Das muss er dem bisherigen Nutzer anzeigen. Der muss dann binnen zwei Monaten nach Erhalt der Mitteilung verbindlich erklären, ob er bereit ist, das Grundstück zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen, die der Grundstückseigentümer mit dem Dritten ausgehandelt hat.

Welcher Punkt ist dabei sehr wesentlich?

Wichtig ist: Dieses Vorkaufsrecht unterscheidet sich deutlich von einem im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrecht nach dem Vermögensrecht. In diesem Fall kann das Grundstück erst rechtswirksam an einen Dritten verkauft werden, wenn der Nutzer zuvor einer Löschung seines Vorkaufsrechts im Grundbuch zustimmt.

Was sollte man beachten, wenn nach einer Kündigung die Übergabe der Datsche bevorsteht?

Auf alle Fälle sollten Sie auf ein Übergabeprotokoll bestehen. Ansonsten empfiehlt es sich, unmittelbar vor der Abgabe des Schlüssels in Anwesenheit von Zeugen Fotos von der Baulichkeit zu machen. Das kann bei späterem Streit um eine Entschädigung wichtig werden. Grundsätzlich ist die Datsche besenrein zu übergeben. Alles, was nicht fest mit dem Baukörper verbunden ist, muss entfernt werden. Sie können mit dem Verpächter natürlich auch andere Abmachungen treffen.

Viele Menschen sind auch Eigentümer von Garagen auf fremden Grund und Boden. Gilt bei diesen Vertragsverhältnissen das gleiche Recht wie bei oben besprochenen Datschen?

Auch für Eigentumsgaragen auf fremdem Grund und Boden mit DDR-Pachtvertrag gilt das Schuldrechtsanpassungsgesetz. Allerdings gibt es für Garagen schon seit 2007 keinen Investitionsschutz mehr. Wichtig ist, dass auch Garageneigentümern nach wie vor eine Entschädigung zusteht, wen die das Bauwerk nach Kündigung an den Grundstückseigentümer fällt und dann von diesem weitervermietet wird.

Das Gespräch führte Katrin Fiedler.

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

Der VDGN

Er ist ein bundesweiter Dachverband von mehr als 400 Vereinen der Nutzer von Eigenheimen, Eigentumswohnungen, Erholungsgrundstücken und Kleingärten sowie von Garagen. Der VDGN vertritt die Interessen seiner mehr als 120.000 Mitglieder gegenüber der Politik und berät und unterstützt sie bei Fragen rund um das Gebäudeeigentum einschließlich des Verbraucherschutzes. 1994 entstand er für die Interessen der ostdeutschen Grundstücksnutzer und ist seit Ende der neunziger Jahre auch Vertreter einer wachsenden Zahl von Grundstücksnutzern aus den alten Bundesländern. Somit hat dieser Verein sich zu einem starken gesamtdeutschen Grundstücksnutzerverband entwickelt. Ausführliche Informationen finden Sie unter www.vdgn.de

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