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Ein kunterbuntes Leben, fast wie gemalt!

Maler aus Leidenschaft: Vor dem Hintergrund seiner Kunst blickt Jan Zaremba neugierig in die Kamera. Foto: Markus Griese

Leipzig – Welch größeres Glück kann es geben, als ein pralles, durch und durch bewegtes Leben? Der Leipziger Maler Jan Zaremba (82) hat es gelebt und lebt es noch. Er darf sich als Glückskind bezeichnen – und tut es auch. Obwohl eine böse Krankheit an ihm zehrt, ist Zaremba im Reinen mit sich, seiner Kunst und den vielen Wendungen, die es in seinem Leben gab. 57 Jahre lang lernte und lehrte er fern seiner sächsischen Heimat. Vor wenigen Jahren erst kehrte er in die Welt seiner Kindheit zurück – wie bei einem Kreis, der sich irgendwann schließt.

Geboren in Leipzig, aufgewachsen in Grimma, durfte Künstler-Sohn Zaremba eine unbeschwerte Kindheit genießen. „Die Erwachsenen waren nach dem Krieg viel zu beschäftigt, das tägliche Überleben zu sichern. Ich war total frei“, schwärmt er heute noch. Diese Freiheit sollte er sich auch später immer wieder nehmen.

Zum Beispiel nach der Schule. Ende der 50/60er-Jahre, die Zarembas waren mittlerweile in Ostwestfalen gelandet, träumte der junge Jan von einer Zukunft als Ingenieur. Auf der Suche nach einer Jeans (die damals noch Nietenhose hieß und nigelnagelneu war in Europa), schrieb er auf Anraten eines Kumpels einem ihm unbekannten Amerikaner. Ohnehin hatte Jan auch sein Englisch verbessern wollen – das passte also. Tatsächlich entpuppte sich der Brieffreund jenseits des Großen Teichs als ungewöhnlicher Wohltäter und Menschenfreund: Er lud den jungen Deutschen ein, sein Ingenieurstudium doch in Kalifornien zu beginnen. Für Unterkunft sei gesorgt, das Flugticket bezahlte er auch. Schwupps – ein neues Leben konnte beginnen.

Drei Jahre lang lernte Jan Zaremba fleißig Naturwissenschaften, lebte in einer bescheidenen Kammer, jobbte und sparte etwas Geld. Um sich etwas zu gönnen, kaufte er eines Tages ein paar Farben, Pinsel, Leinwand. Er wollte malen, aber nur zur Entspannung! Keinesfalls wollte er Maler werden wie sein Vater. Aber was sollte er malen? Zaremba: „Ich hatte auf dem Heimweg eine tote Taube gefunden, betrachtete das bunte Gefieder aus der Nähe.“ Schillernde Reflexe voller Ästhetik. Nach und nach entstand nach diesem Motiv Zarembas erstes Bild. Als es fertig war, war ihm klar, „dass ich Künstler war“. Also das, was er partout nicht hatte werden wollen. Jetzt nahm er diesen Fingerzeig des Schicksals an, kappte sein Ingenieurstudium, um sich selber unter Druck zu setzen. „Nur noch ein Semester hatte mir zum Abschluss gefehlt“, erinnert sich der Maler, doch hätte er es beendet, „wäre die Versuchung zu groß geworden, später doch als Ingenieur mein Geld zu verdienen“. Lieber spielte er ‚Alles oder Nichts‘ – es sollte eine Art Leitfaden für ihn werden.

Der Künstler und die 60er

Kalifornien war in den 1960er-Jahren für einen jungen Menschen das Paradies. Die Beat-Bewegung ebbte gerade ab, die Hippies kamen. Zaremba malte, schrieb sich für Kunstkurse an der Uni ein, sah darin aber bald keinen Sinn mehr. Lieber lernte er von einem deutschen Expressionisten, der sich ebenfalls in der Künstlerkolonie am Rande von Los Angeles niedergelassen hatte. Auch diese Lehrzeit dauerte drei Jahre, bis sein Meister starb. „Es ist die Persönlichkeit, von der man lernt“, ist sich Zaremba bis heute sicher. Bücher könnten das nicht immer vermitteln. Wenn zum Beispiel ein Künstler ein schon gemaltes Bild einfach mutig und radikal komplett verändert – das hatte ihn beeindruckt. Und geprägt.

Ende der 1960er-Jahre umschiffte Zaremba mit einiger List die drohende Einberufung in den Vietnamkrieg, durfte aber schon kurze Zeit später zurück in die USA. Er lernte einen hinduistischen Yogi kennen, verbrachte drei Jahre (wieder dieser Zeitraum!) bei ihm und lernte viel über fernöstliche Philosophien. Reiste durch den Himalaya, längs durch Indien, nach Afghanistan. Malte viel. Und wurde irgendwann, inzwischen zurück in Kalifornien, zum Meisterschüler eines Japaners, der in seinem Fach der fernöstlichen Sumi-e-Malerei eine lebende Legende war. Nach dessen Tod, wieder drei Jahre später, „erbte“ Jan Zaremba dessen Schüler. Manche blieben ihm 18 Jahre lang treu, neue kamen hinzu. Zaremba war nun selbst ein Meister in zwei komplett unterschiedlichen Maltechniken, angefragt von Galerien, ausgestellt in zahllosen Ländern auf mehreren Kontinenten. Ein Mittsiebziger, mitten im Leben. Dann, vor fünf Jahren, entschied er sich zur Rückkehr. Auch, weil ihm „der Zerfall der amerikanischen Gesellschaft“ immer weniger geheuer war. Andererseits bereitet ihm heute der Krieg in Europa mehr als nur ein mulmiges Gefühl.

Good old Germany

Heute lebt der Künstler mit seiner Frau in Leipzig-Wiederitzsch, sitzt gern am Kamin, genießt vermisste deutsche Tugenden wie „Pünktlichkeit und Kaffee und Kuchen am Nachmittag“, wie er mit einem Lachen sagt. Denkt viel nach. Eine Krebsdiagnose raubt ihm oft die Kraft zum Malen. Unterkriegen lässt sich Zaremba durch die Krankheit aber nicht, eine OP lehnt er ab. Eine erste Nahtoderfahrung im zarten Kindesalter – damals wäre er beinahe in der Mulde ertrunken – nimmt dem Ende einiges von seinem Schrecken. „Da war viel goldenes Licht, ein schönes, warmes Erlebnis“, sagt er. Damals wurde er doch noch gerettet und reanimiert. Sein blutjunges Leben bekam eine zweite Chance. Zaremba hat sie genutzt. Mehr als das…

Markus Griese

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

Ausstellung in Grimma

Zurzeit und noch bis zum 21. März ist eine Auswahl von Zarembas Bildern in der Rathausgalerie Grimma (Markt 27) zu sehen. Das Besondere: Sowohl seine Ölbilder als auch seine japanischen Sumi-e-Werke können dort bestaunt werden – das erste Mal, dass die beiden so unterschiedlichen Maltechniken in einer Ausstellung hängen. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr.

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