Jedes Jahr die gleiche Frage: „Und, welches ist der beste Glühwein auf dem Striezelmarkt?“ Na, selbstverständlich der, der Ihnen am besten schmeckt! Ganz neu ist die Frage, welches denn der ungewöhnlichste Glühwein auf dem diesjährigen Striezelmarkt ist – und da lautet die Antwort zweifelsohne: der von Silvio Nitzsche! Das ist nämlich im Grunde ein ganz anders gemachtes Heißgetränk als der gesammelte Rest…

Silvio Nitzsche, der bis vor einem Jahr die WeinKulturBar in Striesen betrieb und einer der besten Sommeliers Deutschlands ist, liebt gute Weine – und kann bei den meisten Glühweinen nur den Kopf schütteln: „In den meisten Glühweinen ist jede Menge Zucker drin, zwischen 150 und 200 Gramm pro Liter!“, sagt er. Das sind zwischen 50 und gut 66 Stück Würfelzucker. Das sind dann die, die am nächsten Morgen im Innern des Kopfes anklopfen, und das braucht doch kein Mensch.

Silvio Nitzsche hatte da eine verrückte Idee: er suchte (und fand, dazu gleich mehr) einen Wein, der zwar fruchtig schmeckt, aber trocken ausgebaut ist. Es ist ein St. Laurent, eine Rotweintraube aus der Burgunderfamilie, aus dem ein befreundeter Winzer im rheinhessischen Osthofen zusammen mit und exklusiv für Silvio Nitzsche einen Rosé gemacht hat. Und dieses Weingut heißt: Karl May – was diesem speziellen Glühwein hierzulande ja noch einmal einen ganz netten Sidekick verleiht. Die beiden Winzer Peter und Fritz May sind die siebte Generation – ihr Weingut gehört zur deutschen Spitze.

Zurück zum Rosé. Während der im Sommer ja meist nicht kalt genug sein kann, macht Silvio Nitzsche ihn in seinem Wein-PopUp Vinum by Silvio auf dem Striezelmarkt warm. Serviert wird er auf dem Stand, den Nitzsche gemeinsam mit Michael und Andrea Korch – ehemals Inhaber der gleichnamigen Fleisch- und Wurstwaren GmbH in Radeberg – betreibt, mit einem Gewürzsäckchen (striezelmarktübliche 5 € für 0,2 l). Was da drin ist, um einen geschmacklichen Hauch von Vorweihnacht aufkommen zu lassen, ist kein Geheimnis: Zimt, Sternanis, Apfelstückchen, Nelken und Orangenschale kann man rausschmecken (das Schildchen am Teebeutel, in dem die Spezereien in den Wein kommen, ist da eine große Hilfe bei der Geschmacksbestimmung). 

Das schöne ist: man kann den Grad der Würze selbst bestimmen. Bei der Testtasse zwei habe ich es ganz ohne Gewürze versucht – und das hatte was, zumal ja der Glühwein immer mehr abkühlt und sich zum Rosé zurück entwickelt. Womit man dann ja schon fast bei der Ur-Idee des Standes ist: Vinum by Silvio ist von den Betreibern erfunden, um reinen Wein einzuschenken. Champagner, Sekt, Riesling, Traminer, Chablis auf der weißen Seite und Spätburgunder, Rioja und mehr auf der roten. Das meiste glasweise, einiges auch nur als Flasche. Aber wenn man zu viert ist…

Unser Autor Ulrich van Stipriaan ist bekennender Genussmensch. Seine profunde Weinkenntnis ist im Podcast „Auf ein Glas“ zu hören. Ebenfalls unter stipvisiten.de finden sich Reiseberichte, Restaurantkritiken, Beiträge über Wein und Winzer.