Einsamkeit und Depression können ähnliche Symptome haben, aber auch schwer voneinander zu unterscheiden sein. Menschen mit psychischen Erkrankungen haben ein höheres Risiko, Einsamkeit zu erleben, weil sie sich oft zurückziehen oder Beziehungen verlieren. Umgekehrt ist Einsamkeit ein Risikofaktor für Depressionen.
„Gute, stabile Bindungen und positive Kontakte schützen vor einer Depression“, sagt Professor Ulrich Voderholzer, Ärztlicher Direktor der Schön Klinik Roseneck. Etwa wenn jemand eine starke Belastung an seinem Arbeitsplatz erlebt oder in der Schule gemobbt wird, „dem hilft es am meisten, wenn er gute Freunde hat, mit denen er reden kann und die ihn unterstützen.“
Um eine erste Einschätzung treffen zu können, sollten Sie folgende Fragen beantworten:
◾ Bin ich oft allein, obwohl ich es nicht will? Einsamkeit ist das ungewollte Alleinsein, verbunden mit der Sehnsucht nach Nähe und dem Wunsch, für andere wichtig zu sein.
◾ Habe ich das Gefühl, dass ich anderen Menschen gleichgültig bin? Dieses Gefühl der Bedeutungslosigkeit kann ein Zeichen für Einsamkeit sein, auch wenn man viele oberflächliche Kontakte hat.
◾ Kann ich mich über nichts mehr freuen und empfinde ich keine Gefühle für andere? Ein starkes Anzeichen für eine Depression ist, wenn man keinerlei Interesse mehr an sozialen Kontakten hat, sich womöglich isoliert. Dazu kommt das Gefühl, sich über nichts mehr freuen zu können.
Wie können Sie einer Depression entgegenworken? Welche Aktivitäten schützen gleichermaßen vor Einsamkeit und Depression.
◾ Selbstfürsorge praktizieren: Gut für sich sorgen, indem man Aktivitäten findet, die Freude bereiten, wie ein gutes Buch lesen oder einen Spaziergang machen. Denn: „Mit sich selbst gut umgehen zu können, ist Voraussetzung dafür, auch mit anderen gut umgehen zu können“, so der Experte.
◾ Aktiv werden: Kontakte zu alten Freunden oder Bekannten reaktivieren und sich nicht einigeln. Einladungen aussprechen und soziale Netzwerke aktiv pflegen. „Das erfordert Geduld, aber ein gutes soziales Netzwerk muss durch eigene Aktivität aufgebaut und gepflegt werden. Wenn ich nie jemanden zum Geburtstag einlade, werde ich auch selbst seltener zu Geburtstagen eingeladen.“
◾ Ein Haustier anschaffen: Ein Hund beispielsweise kann helfen, sozial aktiv zu bleiben und Kontakte zu knüpfen. Voderholzer: „Alleinstehende Menschen mit Hund bleiben länger geistig und körperlich gesund als Menschen ohne Hund.“
◾ Psychotherapeutische Hilfe holen: Wenn Selbsthilfe nicht ausreicht oder sich eine Depression entwickelt hat, kann eine Psychotherapie sinnvoll sein. Sie hilft, die Ursachen der Einsamkeit zu verstehen und realistische Erwartungen an soziale Beziehungen zu entwickeln.
„In der Psychotherapie möchte man zunächst verstehen, warum sich ein Betroffener einsam fühlt und wie es dazu gekommen ist“, sagt Voderholzer. Also: Welche Gedanken, Überzeugungen, Ängste, welche negativen Erfahrungen und vielleicht auch mangelnde soziale Fertigkeiten dafür verantwortlich sind, dass Betroffene vermeiden, etwa rauszugehen, auf andere zuzugehen, Beziehungen einzugehen und Beziehungen aufrechtzuerhalten. Genau das sei aber „bei Einsamkeit unumgänglich“. Psychotherapie könne helfen, die Probleme, die zur Einsamkeit führen, zu überwinden und aktiv am Aufbau guter Beziehungen zuarbeiten.
dpa