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Die acht wichtigsten Herzfragen & Antworten darauf

Heute ist Weltherztag. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland, Europa und weltweit. Foto: Adobe Stock

Hamburg – Heute ist Weltherztag. Er trägt den Slogan „Use Heart to Connect“ und ist eine Initiative der World Heart Federation (WHF). Hier haben sich Herzstiftungen – wie etwa der Deutschen Herzstiftung e.V. -und kardiologische Fachgesellschaften aus mehr als 100 Ländern zusammengeschlossen.

„My heart, your heart“ heißt es alljährlich am 29. September am internationalen Herztag. Das Ziel: Menschen zu informieren, wie sie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem Schlaganfall vorbeugen können und im Ernstfall reagieren sollten.

Passend zum heutigen Weltherztag beantwortet Kardiologin Professor Dr. Renate Schnabel die 8 wichtigsten Herzfragen:

1. Herzinfarkt ist Männersache, glauben viele. Allerdings sterben mehr Frauen an Herzproblemen als Männer Warum?

Egal, ob Mann oder Frau – generell sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in Deutschland, Europa und weltweit. 2017 starb fast jeder vierte Deutsche an einem kranken Herz, davon rund 156 200 Männer und etwa 188 300 Frauen. Die Bevölkerung glaubt zwar immer noch, dass Herzprobleme und Herzinfarkt vor allem Männersache sind. Diese Zahlen zeigen aber: Letztendlich sterben insgesamt mehr Frauen als Männer an Herzkrankheiten, die oft Folge eines Herzinfarkts sind. Denn bei ihnen wird er oft nicht oder erst viel später erkannt.

2. Bei Frauen wird er auch Eva-Infarkt genannt – warum der eigene Name?

Weil er häufig so anders ist. Zwar sind die klassischen Herzinfarkt-Symptome – also massiver Herzschmerz, der bis in Kiefer, Hals und linken Arm ausstrahlen kann, ein Engegefühl in der Brust und Todesangst – relativ gut bekannt. Da wissen die Menschen auch, dass sie einen Notarzt rufen müssen, weil es gefährlich ist.

Das Problem ist aber, dass diese Symptome, die typischerweise bei Männern auftreten, bei Frauen viel seltener sind. Bei Ihnen zeigt sich ein Herzinfarkt oft ganz anders: mit Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, starker Übelkeit ohne Durchfall in Kombination mit Luftnot, Abgeschlagenheit, Unwohlsein oder einem Ängstlichkeitsgefühl – also mit Beschwerden, die gar nicht direkt auf das Herz hinweisen. Damit wird es schwieriger, überhaupt erst auf die Idee zu kommen, dass es sich um einen Herzinfarkt handelt. Und so verlieren Frauen oft wertvolle Zeit, bis die richtige Behandlung beginnt. Unsere Studie im Klinikum zeigt: Infarkt-Patientinnen kommen meist später zur Aufnahme als Patienten. Das konnte in früheren Studien fast eine halbe Stunde sein. Und auf dem Land dürfte das noch länger dauern.  

Prof. Dr. med. Renate Schnabel ist Oberärztin und Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie im Universitären Herz- und Gefäßzentrum am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Foto: UKE

3. Frauen haben nach einem Infarkt ein höheres Risiko, zu sterben. Wieso ist er bei ihnen so gefährlich?

Das hat mehrere Gründe. Die Hauptursache ist natürlich, dass der Infarkt aufgrund der untypischen Symptome häufig erst später behandelt wird – wodurch sich die Prognose verschlechtert. Denn auch wenn die Symptome anders sind, ist die Ursache doch häufig dieselbe: ein verstopftes Gefäß. In der Herzmedizin heißt es: Zeit ist Muskel. Je länger das Gefäß verschlossen bleibt, umso mehr Herzgewebe wird geschädigt oder stirbt sogar ab.

Darüber hinaus haben Frauen generell kleinere und zartere Gefäße als Männer. Diese machen die Versorgung nach einem Infarkt schwieriger. Und so haben Frauen bei Katheterbehandlungen öfter Komplikationen wie Blutungen oder Gefäßverletzungen, die die Heilung erschweren.

Anders als Männer bekommen Frauen einen Herzinfarkt meist erst, wenn sie älter sind, also nach der Menopause. Das liegt auch daran, dass weibliche Geschlechtshormone dann in anderer Zusammensetzung produziert werden, sodass ein möglicher gefäßschützender Effekt geringer wird. Mit zunehmendem Alter haben die Frauen aber auch mehr Begleiterkrankungen, die ihre Prognose zusätzlich verschlechtern.

Generell gilt: Wer einmal einen Herzinfarkt hatte, hat danach ein hohes Risiko für einen erneuten Infarkt oder für eine Herzschwäche. Das sind bei diesen Patienten dann auch die Haupttodesursachen. Frauen trifft es hier aber härter: Etwa die Hälfte von ihnen stirbt innerhalb der nächsten fünf Jahre an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bei Männern ist es „nur“ etwas mehr als ein Drittel.

Daher ist die Information auch so wichtig, dass es beim Herzinfarkt Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt und mit welchen Symptomen sich das äußert. Und die Menschen sollten bereits früh – am besten schon in der Schule – mit Programmen zu Bewegung, Ernährung oder Nichtraucher-Kampagnen über die Herzgesundheit und Präventionsmaßnahmen informiert werden.

4. Haben Frauen denn andere Risikofaktoren?

Das können wir noch nicht genau sagen. Wir wissen, dass die klassischen Risikofaktoren ebenso für Frauen gelten. Auch Frauen müssen sich regelmäßig bewegen, sich gesund ernähren, auf ihren Blutdruck sowie optimale Cholesterin- und Blutzuckerwerte achten.

Es gibt aber auch Daten, die auf spezielle Risikofaktoren für Frauen hindeuten. So bekommen etwa Frauen mit Diabetes viel häufiger einen Herzinfarkt als Männer mit Diabetes. Auch eine Raucherin hat ein doppelt so hohes Risiko wie ein rauchender Mann. Und langfristig kann die „Pille“ ebenfalls einen Herzinfarkt begünstigen.

Aber auch Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt sind ein zusätzlicher Faktor. Wenn eine Frau da schon mit Bluthochdruck zu kämpfen hatte, hat sie auch später ein deutlich höheres Herzinfarkt-Risiko. Diese frühen Faktoren wurden bisher noch nicht systematisch erfasst. Da ist die Forschung jetzt aber dran.


„Wir wissen auch, dass es mit jeder Grippewelle mehr Herzinfarkte als sonst gibt und diese dann neben der Lungenentzündung eine der Haupttodesursachen bei Grippe sind.“

Foto: Adobe Stock

 5. Laut einer Studie hat die Grippeschutzimpfung noch einen Vorteil: Sie schützt vor Herzkrankheiten. Wie das?

Das liegt wahrscheinlich daran, dass Menschen, die sich regelmäßig gegen die Grippe impfen lassen, langfristig weniger Infekte bekommen. In den ersten Impf-Jahren können zwar häufiger leichte Erkältungen auftreten, auf Dauer nimmt die Zahl der schweren Infekte und natürlich der Grippe aber ab. Und das schützt das Herz, weil diese Erkrankungen zu Entzündungen im Körper führen, die wiederum eine der Hauptursachen für Atherosklerose sind und so den akuten Herzinfarkt triggern können. Es kommt sogar häufig vor, dass Patienten vor einem Infarkt erkältet waren. Grippe und Erkältung können das Herz auch auf andere Art schädigen. Wenn die Erreger über die Blutbahn dorthin gelangen, können sie zu einer Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung führen. Im Winter und in der Grippesaison kommt das sogar ziemlich häufig vor. Auch bei jungen Patienten. Viele merken das gar nicht, andere fühlen sich noch Wochen später schlapp und wieder andere haben Symptome wie bei einem Herzinfarkt, die sogar zu einer dauerhaften Herzschwäche führen können. Daher sollte man sich bei einem Infekt schonen und vorübergehend keinen Sport machen.

6. Bluthochdruck ist ein Hauptrisikofaktor für das Herz. Laut dem Robert-Koch-Institut weiß aber jeder fünfte Deutsch gar nicht, dass er welchen hat…

Ja, das ist ein Problem. Denn Bluthochdruck hat meist keine Symptome und tut nicht weh. Nur manchmal verspüren Patienten Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit oder ein Kribbeln. Aber in der Regel ist es eine schleichende Krankheit, an die sich die Gefäße anpassen.

Oft wird sie erst bei einem Check-up beim Arzt festgestellt. Der verschreibt oft Medikamente. Doch die haben manchmal Nebenwirkungen, sodass manche Patienten sie einfach nicht nehmen, weil es ihnen vorher besser ging. Das ist natürlich gefährlich und leichtsinnig. Außerdem sollten Betroffene wissen: Eine Blutdruck-Therapie macht man nicht mal für zehn Tage, sondern in der Regel für den Rest des Lebens.

7. Können Smartwatches auf ein krankes Herz hinweisen?

Es kommt auf den Einzelfall an. Im Moment können wir noch nicht sagen, welche Bedeutung diese intelligenten Uhren haben. Sie werden überwiegend von jungen, eher fitten Menschen getragen – das ist nicht die Risiko-Bevölkerung.

Allerdings wird es durch solche Uhren, aber auch durch Handy-Apps, immer leichter, dass Menschen ihre Ernährung oder ihr Fitnessverhalten messen, verändern und so präventiv handeln können. Dass Blutdruckpatienten ihre Medikamente regelmäßig nehmen oder Diabetiker ihren Blutzucker besser einstellen können – auch das senkt das Herzinfarkt-Risiko. Studiendaten gibt es dazu aber noch kaum. Am UKE forschen wir derzeit in der Hamburg City Health Study außerdem dazu, ob Smartwatches beim Erkennen von Herzrhythmusstörungen, insbesondere dem Vorhofflimmern, helfen. Das ist eine Volkskrankheit und nimmt weiter zu, weil die Menschen älter werden. Die meisten merken gar nicht, dass ihr Herz unregelmäßig schlägt, weil sie keine Symptome haben. Es kann aber zu Blutgerinnseln im Herzen führen und zu Schlaganfällen, wenn diese sich lösen.

Wenn wir die Erkrankung feststellen, können wir zum Beispiel mit Gerinnungshemmern therapieren und den Schlaganfall vermeiden. Und da sehen wir ein ganz großes Potenzial bei Smartwatches, Apps oder Ähnlichem, da diese den Puls messen, oft eine EKG-Funktion enthalten und so Unregelmäßigkeiten zeigen können. Ob und wie zuverlässig das funktioniert, muss aber noch evaluiert werden.

Foto: Adobe Stock

„Wer also glaubt, er hat akute Herzprobleme, sollte sich nicht scheuen, den Notarzt zu rufen.“ 


 8. Manchmal deuten Symptome aber scheinbar auf das Herz hin, und dann ist es vor allem die Verdauung, sprich das sogenannte Roemheld-Syndrom…

Generell würden wir immer empfehlen, dass man zuerst das Schlimmste ausschließt – sprich einen Herzinfarkt oder Gefäßverschluss. Wir nehmen das natürlich ernst, wenn jemand mit Beschwerden in unsere Brustschmerzklinik kommt. Dann durchläuft er auch die gesamte Diagnostik. Ist ein Akutereignis wie ein Herzinfarkt ausgeschlossen, können wir in Ruhe eine weitere Abklärung machen, die zum Beispiel auch gastroenterologisch sein kann.

Janine Rabe, Katrin Fiedler

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