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Plötzlich ist da ein weißer Fleck

Vier Personen vom Team des Geriatrietages sind zu sehen.
Das Team der LID von links nach rechts: Ines Süß, Steffi Bartsch, Bianka Hammer, Stephan Förster. Foto: Helmut Hammer

Dresden – Am Anfang sind es Namen, die vergessen werden. Später köchelt der Topf ewig auf dem Herd. Plötzlich wird der weiße Fleck im Gedächtnis immer größer. Ist es Vergesslichkeit oder schon Demenz? Steffi Bartsch und Stephan Förster, Fachreferenten von der Landesinitiative Demenz (LID) sind Ansprechpartner für Menschen mit dieser Erkrankungen – und für ihre Angehörige. Denn auch in Sachsen ist Demenz auf dem Vormarsch. Etwa 900 Menschen erhalten in Deutschland diese Diagnose. Täglich! Insgesamt 1,8 Millionen Deutsche (Stand 2022) leiden darunter. Tendenz steigend! Bis 2060, so wird geschätzt, werde es eine 65-prozentige Steigerung geben, prophezeit die LID.

Herr Förster, sind Sie vergesslich?

Ja (lacht). Vor allem bei Stress. Und ich kann mir keine Namen merken. Aber an die Geschichten der Menschen, denen ich begegnet bin, kann ich mich immer erinnern.

Bei welchen Symptomen muss ich mir Sorgen machen?

Immer, wenn die Symptome länger als sechs Monate anhalten. Dazu gehören Vergesslichkeit, Niedergeschlagenheit, Fehleinschätzungen bei Gefahren, Orientierungsprobleme in ungewohnten Situationen. Auch Sprachprobleme, Persönlichkeitsveränderungen oder anderes können auftreten. Oftmals merkt man das selbst kaum. Aber wenn das Umfeld Veränderungen bemerkt, dann sollte man einen Arzt aufsuchen und es näher abklären lassen.

Die häufigste Form von Demenz ist Alzheimer. Können Sie uns bitte den Unterschied erklären oder gehören Demenz und Alzheimer zusammen?

Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen und Alzheimer ist mit 60 Prozent die häufigste Form der neurodegenerativen Demenzen. Neurodegenerativ heißt, dass Gehirnzellen (Neuronen) geschädigt werden und absterben. Benannt ist diese Demenzform nach dem Arzt Alois Alzheimer, der sie zum ersten Mal vor mehr als 100 Jahren beschrieben hat. Daneben gibt es noch viele andere neurodegenerative Demenzformen wie etwa die Lewy-Body-Demenz oder Frontotemporale Demenzen und weitere. Eine weitere Gruppe sind sogenannte vaskuläre Demenzen, bei denen die Nervenzellen durch Schäden an den Blutgefäßen absterben. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einem Schlaganfall oder bei Durchblutungsstörungen.

Demenz ist nicht heilbar – wie wird sie behandelt?

Demenzsymptome können auch Ursachen haben, bei deren Behandlung man heilen kann zum Beispiel, wenn Symptome aufgrund von Stoffwechselstörungen, Depressionen oder anderem auftreten, da gibt es eine ganze Reihe möglicher Ursachen. Deswegen ist es wichtig, genau zu schauen und bei Fachleuten (wie etwa Neurologen) abklären zu lassen

Bei nicht heilbaren Formen wie der Alzheimer Demenz kann und sollte man dennoch behandeln. Zum einen können Medikamente, sogenannte Antidementiva, den Abbau verlangsamen Viele nicht-medikamentöse Behandlungsformen sind zudem unterstützend. Dazu gehören Ergotherapie, Physiotherapie oder Logopädie. Information, Beratung und Schulung von Angehörigen und Versorgenden sind wichtig, um Kompetenzen im Umgang mit der Erkrankung zu fördern und Lebensqualität zu erhalten. Auch Leistungen über die Pflegeversicherung können Betroffene und Zugehörige auf ganz verschiedene Art entlasten.

Und wie kann ich vorbeugen?

Man könnte sagen, alles, was der Gesundheit auch sonst zuträglich ist, hilft, um das Erkrankungsrisiko bei Demenz zu senken, auch wenn es nicht ganz ausgeschaltet werden kann. Solche gesundheitszuträglichen Sachen sind geistige und körperliche Aktivität, z.B. regelmäßige Bewegung, Interessen nachgehen, soziale Kontakte, Austausch, gesunde Ernährung und die Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankungen, z.B. durch die frühzeitige Behandlung von hohem Blutdruck, Herzerkrankungen etc.

Frau Bartsch, Sie sind als Psychologin und Gerontologin bei der LID tätig. Warum ist die Arbeit Ihrer Initiative so wichtig?

Es ist eine Erkrankung, die viele Veränderungen und Herausforderungen mit sich bringt, die aber nicht immer so „von außen“ sichtbar sind. Betroffene leiden darunter und können umso besser unterstützt werden und nicht in Isolation und Überforderung geraten, je mehr ihr Umfeld über die Erkrankungen weiß. Daher versuchen wir, zu sensibilisieren, aufzuklären, Verständnis, Information und Kompetenzen zu Demenz für alle, die damit zu tun haben, zu vermitteln, das sind Betroffene und ihre Zugehörigen aber auch alle, die im ehren- oder hauptamtlichen Bereich mit diesem Thema zu tun haben, etwa im großen Bereich der Pflege und der Seniorenarbeit.

Für welche Menschen ist die LID da?

Für alle Menschen, die Berührung mit dem Thema Demenz haben: Betroffene, Angehörige, Freunde, Akteure, die beruflich damit zu tun haben. Aber auch für eher ‚fachfremde‘ Berufsgruppen wie Mitarbeitende im Einzelhandel, im ÖPNV oder in der Sparkasse. Auch diese treffen auf Menschen mit Demenz und brauchen Wissen, wie man solche Situationen einordnen und damit umgehen kann.

Können Sie bitte kurz beschreiben, was Hilfesuchende von Ihnen erwarten dürfen?

Wir informieren und beraten zur Erkrankung und vermitteln Unterstützungsangebote in der Region des Hilfesuchenden. Zur Aufklärung und Sensibilisierung bieten wir Schulungen und Kurse oder verschiedene andere Veranstaltungen an.

Was steht in diesem Jahr auf dem Programm der LID?

Im April wirken wir an der Woche für das Leben mit. Sie findet vom 30. April bis 7. Mai statt. Ein Themenschwerpunkt wird „Mittendrin: Leben mit Demenz“ sein. Unser großes Sächsisches Austausch- und Vernetzungstreffen wird am 13. Juli im WohnXperium (https://wohnxperium.de/) in Chemnitz stattfinden und gleichzeitig auch online übertragen. Und eine ganz besondere Woche für das Thema wird die „Woche der Demenz“ rund um den Welt-Alzheimertag am 21. September sein. Neben diesen Veranstaltungen für die öffentliche Sensibilisierung wirken wir in ganz vielen AGs, Gremien, lokalen Netzwerken mit und fördern den Aufbau von Austausch und Versorgungsstrukturen. Dabei orientieren wir uns auch an der seit 2020 verabschiedeten Nationalen Demenzstrategie und stehen hier in Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern und auf Bundesebene.

Das Gespräch führte Katrin Fiedler.

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

  • Bei einem moderierten Videovortrag (Termine hier im Tipp) der Initiative SZ-Lebensbegleiter „unterwegs“ erfahren Sie bei Kaffee und Kuchen Wissenswertes zum Thema Demenz.
  • Einen kurzen Eindruck zur Veranstaltung, die in Dresden im Haus der Presse stattfand, finden Sie hier.
  • Professor Markus Donix von der Gerontopsychiatrie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden sprach zu dem so wichtigen Thema „Demenz und Alterseinsamkeit“ per Video.
  • Ein ausführliches Interview mit dem Professor finden Sie hier.

Das ist der Termin für die nächste Veranstaltung:

21. April 2022 Best Western Plus Hotel, Wendischer Graben 20, 02625 Bautzen

Die Veranstaltung beginnt:

Jeweils 15.30 Uhr

Einlass ist:

15 Uhr

Ticketverkauf:

Eintrittskarten gibt es für 8,90 Euro in allen DDV Lokalen, beim Hoyerswerdaer Wochenblatt und auf www.sz-ticketservice.de

 

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