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Pflege in Sachsen – Ministerin Petra Köpping steht Rede und Antwort

Staatsministerin Petra Köpping
Staatsministerin Petra Köpping. Foto: SMS

Dresden –  Im Freistaat Sachsen werden mehr als 260.000 Pflegebedürftige zu Hause versorgt (Stand Dezember 2021), davon knapp 148.000 Personen ohne Unterstützung durch einen Pflegedienst, allein durch Angehörige oder andere Privatpersonen. Laut Statistischem Bundesamt wird die Zahl der Pflegebedürftigen in ganz Deutschland bis 2030 auf etwa 5,4 Millionen steigen.

Viele Familien entscheiden sich, ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen. Das gibt Betroffenen ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Dabei schultern pflegende Angehörige eine erhebliche Last. Grund genug für das Sozialministerium, diese Arbeit öffentlich wertzuschätzen.  

SZ-Lebensbegleiter fragte bei Petra Köpping (SPD), Sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, nach.

Die Pflege von Angehörigen ist ein kräftezehrender Akt. Oft reicht die Zeit nicht aus, um sich Hilfe oder ein beratendes Gespräch zu suchen. Warum sollte man eine Veranstaltung wie die im Ostra-Dome besuchen?

Wir laden pflegende Angehörige sowie die privat oder auch ehrenamtlich Pflegenden, vor allem in der häuslichen Pflege, herzlich ein. Neben zahlreichen Informationsständen und Workshops zu Themen wie Demenzberatung, Digitalisierung, Ernährung, Hausnotruf, Informationen zur sächischen Pflegedatenbank sowie einem Bühnenprogramm wird im Anschluss Sebastian Krumbiegel, Sänger der Band „Die Prinzen“, ein exklusives  Konzert geben. Im Showvortrag „Mentale Stärke und die Kraft der Gedanken“ von Nicolai Friedrich werden spannende, alltagsrelevante, wissenschaftlich fundierte Informationen in Verbindung mit unglaublichen Showelementen und Interaktionen zu erleben sein.

Frau Köpping, unter dem Motto „Gutes Leben im Alter“ stehen am 12. Mai pflegende Angehörige im Fokus. Was erwartet sie?

Der Austausch mit anderen Pflegenden und das Gespräch mit „Gleichgesinnten“ können wertvolle Hinweise zur praktischen Unterstützung und Entlastung geben. Deshalb laden wir auch in diesem Jahr zur dritten »Woche der pflegenden Angehörigen« ein. Damit möchten wir diesen Menschen ein herzliches Dankeschön für ihr wertvolles Engagement, das oft im Verborgenen bleibt, sagen. Wir bieten pflegenden Angehörigen vielfältige Informationen an, stellen wir ihnen kompetente Akteure und Ansprechpersonen vor. Die Veranstaltung kann genutzt werden, um Kontakte zu knüpfen und eine kleine Auszeit vom Alltag zu erleben. Pflegebedürftige Angehörige können gern mitgebracht werden.

Die Lebenserwartung steigt und damit auch die Pflegebedürftigkeit. Wie federt der Freistaat diese Herausforderung ab? 

Der Freistaat Sachsen unterstützt vielfältige Ansätze, alten und pflegebedürftigen Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben, idealerweise im gewohnten Umfeld, zu ermöglichen. Dazu gehört die Sicherung der medizinischen Versorgung – Stichwort Gewinnung von Landärzten – ebenso wie Förderprogramme zum Umbau von Wohnungen für mobilitätseingeschränkte Menschen. Für die Wohnraumanpassung wurden beispielsweise von 2020-2023 rund 38 Millionen Euro Landesmittel bewilligt.  

Worin besteht die zentrale Herausforderung?

Sie besteht darin, die professionelle pflegerische Versorgung zu Hause durch ein Netz von niedrigschwelligen Unterstützungs- und Entlastungsangeboten zu flankieren. Derzeit sind rund 770 anerkannte Angebote zur Betreuung und Entlastung sowie über 5.000 Nachbarschaftshelferinnen und Nachbarschaftshelfer aktiv. Der Freistaat Sachsen fördert anteilig Nachbarschaftshelferkontaktstellen, Ehrenamts- und Selbsthilfeinitiativen sowie eine Fachservicestelle.  

Weiterhin werden zur Vernetzung der pflegerischen Angebote vor Ort in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt Pflegekoordinatorinnen und -koordinatoren gefördert und jeweils ein Pflegebudget zur Verfügung gestellt. Dafür stehen im sächsischen Haushalt jährlich rund 1,8 Millionen Euro zur Verfügung. 

Mit einem neuen Förderprogramm wollen wir ab diesem Jahr die Schaffung zusätzlicher Kurzzeitpflegeplätze anregen, damit ausreichend Kapazitäten für die Entlastung pflegender Angehöriger oder zur Überbrückung nach einem Krankenhausaufenthalt zur Verfügung stehen. Bis zu 20 Millionen Euro wollen wir dafür in den nächsten Jahren bereitstellen.

Um Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, werden rund 90 Projekte der Alltagsbegleitung gefördert, die Seniorinnen und Senioren noch vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit unterstützen.

Stichwort Pflegepersonal: Es herrscht Fachkräftemangel. Was unternehmen Sie gegen die Versorgungslücke?

Die pflegerische Versorgung stellt angesichts der demografischen Rahmenbedingungen eine große Herausforderung dar. Um dem Personalmangel zu begegnen, braucht man ein ganzes Maßnahmenbündel. Dazu gehört eine faire Bezahlung, die mit der Umsetzung der Tarifbindung seit 1. September 2022 bereits weitgehend erreicht wurde.  

Für die Zufriedenheit und Motivation der Pflegekräfte sind oft aber auch andere Faktoren ausschlaggebend. Arbeitsbedingungen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen, zählen dazu. Hier sind insbesondere die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefragt.

Bemängelt werden oftmals die Arbeitsbedingungen. Wie können Sie unterstützen?

Um die Digitalisierung in der Pflege voranzubringen und damit die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Attraktivität des Berufs zu steigern, beabsichtigen wir beispielsweise, eine Kompetenzstelle zur Unterstützung der Digitalisierung der Pflege im Freistaat Sachsen zu errichten.  Die schrittweise Umsetzung der Personalbemessung in vollstationären Pflegeeinrichtungen ab 1. Januar 2023 wird ebenfalls zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen.

Womit könnte man zukünftige Pflegekräfte neugierig auf ihren Beruf machen?

Wir führen derzeit eine Image- und Recruitingkampagne für Berufe im Themenspektrum des Sozialministeriums durch, auch für Pflegeberufe. Informationen sind auf der Internetseite zu finden. Darüber hinaus bieten die Berufsfachschulen für Pflegekräfte und Pflegehilfe eine umfangreiche Beratung an. Insgesamt wird eingeschätzt, dass landesweit genügend Ausbildungsplätze, sowohl für Fach- als auch Hilfs- bzw. Assistenzkräfte, vorhanden sind. Weiterhin soll die seit September 2022 bestehende Beratungsstelle Pflegeausbildung Sachsen die Praxisanleitung stärken und Ausbildungsabbrüchen entgegen wirken.

Sehen Sie noch weitere Möglichkeiten, um Fachkräfte für die Pflege zu gewinnen?

Auch mit weiteren Maßnahmen anderer Beteiligter, wie zum Beispiel des Staatsministeriums für Kultus und der Bundesagentur für Arbeit, sollen durch Aktivitäten in den Bereichen Berufsorientierung, Schülerpraktika und Berufsberatung Auszubildende und Beschäftigte für die Langzeitpflege gewonnen werden. Ebenso ist die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte ein Baustein zur Bewältigung des Personalmangels. Das Sozialministerium fördert eine Koordination für die berufliche Anerkennung in Gesundheitsfachberufen.

In nahezu jeder Familie leben betagte oder hochbetagte Menschen. Was empfehlen Sie den jüngeren Familienmitgliedern?  

Den jüngeren Familienmitgliedern empfehle ich, sich bei Fragestellungen bezüglich ihrer Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern an die in Sachsen sehr guten Beratungseinrichtungen zu wenden. Zum Beispiel an die Beratungsstellen in den Sozialämtern. Diese geben Auskunft zu den vielfältigen Angeboten für ältere Menschen und Unterstützungsleistungen. Oft hilft es gerade den hochbetagten Seniorinnen und Senioren, wenn sie bei Terminen und Sprechstunden begleitet werden.

In Sachsen sehe ich immer wieder einen starken familiären Zusammenhalt und bin fest davon überzeugt, dass die Familiengenerationen vom gemeinsamen Austausch profitieren. Dem Erfahrungsschatz älterer Menschen sollte eine besondere Wertschätzung beigemessen werden. Oft sind es Oma und Opa, Uroma und Uropa, die junge Familien im manchmal turbulenten Alltag unterstützen. Ein gutes Miteinander gewährleistet hier Teilhabemöglichkeiten für alle Generationen.

Und wenn der Mensch pflegebedürftig wird?

Bezüglich eines eventuell eintretenden Pflegefalls besteht gegenüber den Pflegekassen ein umfassender Beratungsanspruch. Auch die Pflegekoordination des Landkreises oder der Kreisfreien Stadt ist ein Anlaufpunkt bei Fragen rund um die Pflege für Angehörige oder Pflegebedürftige.  

Ihnen liegt das Thema Alterseinsamkeit sehr am Herzen. Warum? 

Es sind leider immer wieder Menschen von Einsamkeit betroffen. Hier aber nicht ausschließlich die älteren Menschen, auch unter den Jüngeren fühlen sich einige einsam. Mir liegt es am Herzen, dass diese Menschen den Anschluss an die Gesellschaft nicht verlieren. Daher begrüße ich Angebote, die oft vor Ort gemacht werden, um diese Menschen wieder einzubinden. Auch die Alltagsbegleitung und die Nachbarschaftshilfe leisten hier einen wertvollen Beitrag.  Im Bereich der Hochaltrigen sind vor allem ältere Frauen öfter von Einsamkeit betroffen. Hier appelliere ich an die Menschen in Kontakt zu treten: Achten Sie aufeinander. Auch das ist gesellschaftlicher Zusammenhalt.

SZ-Lebensbegleiter veranstaltet am 4. Mai seinen 2. Aktionstag im Haus der Presse. Warum haben Sie die Schirmherrschaft übernommen?

Der Aktionstag ist eine gute Gelegenheit, die vielfältigen Beratungs- und Unterstützungsangebote für unterschiedliche Bedürfnisse im Lebensverlauf sichtbar zu machen. Gerade für die Akteure in der Altenhilfe und Pflege bietet so eine Veranstaltung die Möglichkeit, sich miteinander zu vernetzen und sich den interessierten Bürgerinnen und Bürgern vorzustellen.

SZ-Lebensbegleiter-Tipp

Diese Veranstaltungen sollten Sie sich vormerken:

2. Aktionstag SZ-Lebensbegleiter am 4. Mai

Vorträge, Informationen und Beratung rund um das Thema aktives Alter – von Angeboten der Seniorenakaodemie bis hin zu Vorsorge und Testament. Regisseur Ernst Hirsch präsentiert seinen Film „Caspar David Friedrich in Dresden“, Sie können an einer Führung durch das Archiv der DDV Mediengruppe teilnehmen und von der Dachterrasse auf Dresden blicken.

  • Ort: Haus der Presse, Ostra-Allee 20, Dresden
  • Zeit: 9 bis 17 Uhr
  • Eintritt: kostenfrei

Von Mensch zu Menscham 12. Mai

Die zentrale Veranstaltung im Rahmen der „Woche der Pflegenden Angehörigen“ des Sächsischen Sozialministeriums lädt pflegende Angehörige und Interessierte zu Workshops, Informationsaustausch und Bühnenprogramm ein. Die Themen: Demenzberatung, Digitalisierung und KI in der Pflege, Ernährung im Alter, Hausnotruf Nachbarschaftshilfe, Palliativversorgung, Pflegeberatung, Pflegeselbsthilfe, Pflegekurse für Angehörige, Pflegebegutachtung.

  • Ort: Ostra-Dome, Zur Messe 9, Dresden
  • Zeit: 10 bis 17 Uhr, ab 17 Uhr Konzert Sebastian Krumbiegel (bekannt von „Die Prinzen“)
  • Eintritt: kostenfrei
  • Anmeldung erwünscht: Ein Anmeldeformular finden Sie unter www.pflegenetz.sachsen.de

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