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Roboter in der Pflege

C-3PO und R2D2 sind zwei Kumpels, die seit 1977 galaktische Dinge erleben. Sie sind zwei "Schauspieler" aus dem legendären Film "Krieg der Sterne" (Star Wars) und Vorbilder für viele nachfolgende Roboter.
C-3PO und R2D2 sind zwei Kumpels, die seit 1977 galaktische Dinge erleben. Sie sind zwei "Schauspieler" aus dem legendären Film "Krieg der Sterne" (Star Wars) und Vorbilder für viele nachfolgende Roboter. Foto: AdobeStock/Willrow Hood

München – In den nächsten 20 Jahren wird die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von 4,1 Millionen auf 5,4 Millionen steigen, wird auf dem Demografieportal der Bundesregierung prophezeit. Da ist es höchste Zeit, praktische Helfer zu finden – zum Beispiel aus dem Reich der Technik. Doch mit ihnen kommen viele Fragen: Putzen Roboter uns eines Tages die Zähne? Was haben diese intelligenten Maschinen schon heute drauf? Warum können sie Pflegekräfte nie ganz ersetzen?  

Wir haben Professor Sami Haddadin gefragt. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Robotik und Systemintelligenz an der Technischen Universität München (TUM) und Gründungs- und Executivedirektor des Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIAI).

Prof. Haddadin, werden wir in Zukunft alle von Robotern gepflegt? 

Nicht ausschließlich! Meine es, dass Robotorassistenten dem Pflegepersonal in 20 Jahren sehr viele Aufgaben abnehmen. Eine Versorgung nur durch Maschinen halte ich dagegen für sehr unwahrscheinlich. Dieses Science-Fiction-Szenario hat sich in vielen Köpfen festgesetzt, wird aber keine Realität. 

Warum wird es keine Pflege einzig durch Robotor geben? 

Weil Robotik und künstliche Intelligenz die Fachkräfte nicht ersetzen können, nur unterstützen. Ich bin deshalb auch kein Freund des Wortes Pflegeroboter. Es vermittelt den Eindruck, einer Maschine ausgeliefert zu sein. Ich bevorzuge stattdessen Pflegeassistent. 

In welchen Bereichen können Roboter Pflegekräfte in den nächsten Jahren entlasten? 

Ich stelle mir vor, dass sich der Roboterassistent in einer Einrichtung oder zu Hause einschaltet und den Pflegebedürftigen beispielsweise aus dem Bett hilft, die Pillendose befüllt und sie bei der Körperhygiene unterstützt. Letzteres ist für Menschen besonders wichtig, um sich ein Gefühl der Autonomie zu bewahren. Daher arbeiten wir viel an Roboterassistenten, die beim Kämmen, Zähneputzen oder Rasieren zur Seite stehen, ohne die Tätigkeiten ganz zu übernehmen. Fachkräfte haben leider dafür oft zu wenig Zeit.

„Roboter-Assistenten werden wie eine Art Butler funktionieren: Sie stehen auf Abruf bereit, erkennen aber auch, wenn eine Person beispielsweise ihre Ruhe haben möchte“, sagt Sami Haddadin.

Etwas weitergedacht: Dann wird mir in zehn Jahren ein Roboter das Haar bürsten? 

Wenn Sie das wünschen, ja! Wir entwickeln Robotersysteme, die bei den täglichen Aufgaben helfen, sodass die Menschen so lange wie möglich zu Hause leben können. Wichtig dabei: Die Fähigkeiten des Pflegebedürftigen bestimmen den Grad der Unterstützung des Roboters. Eines Tages werden sie beispielsweise auch Anrufe tätigen können. Die angerufene Person erscheint dann auf dem Bildschirm im Kopf des Roboters. 

Das war ein Blick in die Zukunft. Wie ist der Stand der Technik aktuell? 

Roboterassistenten sind erst in einigen wenigen Pflegeeinrichtungen im Einsatz und übernehmen derzeit noch eher unkomplizierte Aufgaben. Sie erinnern beispielsweise an die Einnahme von Tabletten, helfen beim Heben, in der Bewegungstherapie oder fördern an Demenz Erkrankte beim Gehirntraining.  

Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sollte ein Pflegeroboter haben? 

Die Roboterassistenten müssen sich auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen einstellen lassen. Aber auch die Feinfühligkeit, also der Tastsinn in den Fingern, hat einen hohen Stellenwert. Schließlich muss der Roboterassistent beim Heben und in der Körpertherapie sanft mit den Menschen umgehen können. 

Bis 2030 werden allein wegen der alternden Bevölkerung zusätzlich rund 130.000 Pflegekräfte gebraucht. 

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WidO)  auf Basis des Pflege-Reports 2019 

Wird ein Roboter jemals so gut sein können wie eine Pflegefachkraft? 

Nein. In puncto Körperkontakt, Zuneigung, Anteilnahme oder Kreativität wird er Menschen nicht das Wasser reichen können – und muss es auch nicht. Die Unterstützung der Pflegekräfte hat ihre Grenzen. Um diese zu wahren, hilft auch das Aussehen der Roboterassistenten: Sobald sie zu mengschlich sind, werden sie abgelehnt, zeigt eine Studie. 

„Meine Vision für die Zukunft Pflege: Durch den Einsatz von Pflege-Assistenten können sich Fachkräfte wieder mehr den zwischenmenschlichen, verbindenden Tätigkeiten widmen“, sagt Sami Haddadin

Wie müssen Roboter denn aussehen, damit sie von Menschen akzeptiert werden?  

R2-D2 aus „Star Wars“ ist ein ganz gutes Beispiel: Er hat einen Torso, zwei Arme, einen Kopf und fast ein Gesicht. Nur ein zweites Bein fehlt. Ein bisschen menschlicher darf es schon sein – beispielsweise mit Augen. Ein humanoides Abbild wie der Roboter aus dem Film „I, Robot“ mit Will Smith dagegen wird nicht funktionieren. Es ist aber auch nicht mein Ansinnen, so einen menschenähnlichen Roboter zu erschaffen.  

Werden die Pflegebedürftigen in 30 oder 40 Jahren Roboter leichter annehmen, als es ältere Menschen heute tun? 

Dass ältere Menschen Roboter ablehnen, halte ich für ein Vorurteil, denn ich erlebe es kaum! Ganz im Gegenteil: In der Regel akzeptieren alle Altersgruppen die Roboterassistenten, man muss sie nur gut an die Technik heranführen. Und wer heute Sprachassistenten oder Staubsaugerroboter nutzt, ist einem Pflegeroboter in 30 Jahren gegenüber vermutlich sehr aufgeschlossen. 

Ein weiteres Vorurteil besagt, dass uns andere Länder wie Japan in der Pflegerobotik weit voraus sind. 

Meine Vorstellung davon entspricht vermutlich einem ganz typischen Wunsch: Ich möchte so lange wie möglich mit meiner Frau zu Hause leben und mich weitestgehend selbst versorgen können. Dabei würde ich mir aus einem Team von Roboterassistenten und Pflegekräften helfen lassen. Denn so haben die Fachkräfte mehr Zeit fürs Zwischenmenschliche. Aktuell fehlt uns leider die Wertschätzung dieses sehr wichtigen Dienstes an der Menschheit. 

Robotik,künstlichen Intelligenz und motorischen Intelligenz des Mensch, wenn Professor Sami Haddadin mit seinem Team forscht, wird es spannend. Fotos: Astrid Eckert/TUM Andreas Heddergott/TUM

Julia Ehlers 

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

3 überraschende Fakten über Roboter 

Dialekte erkennen: Durch die richtige Programmierung sollen Pflegeassistenten schon bald Dialekte und Menschen, die unter Schmerzen sprechen, verstehen können. 

Haushalts-Hilfe bei Demenz: Ist der Herd aus? Wann ist der nächste Arzttermin? Bei Demenzkranken soll der Pflegeroboter fehlende Gedächtnisfunktionen ausgleichen. 

Rettung im Ernstfall: Die Roboterassistenzsysteme der Zukunft werden den Notarzt rufen. Dieser kann über den Roboter in Sekundenschnelle erste Notfall-Medikamente geben. 

Quelle: TUM Forschungszentrum Geriatronik

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