Suche
  1. Home
  2. /
  3. Alltagshilfen
  4. /
  5. Laufrad statt Rollator?

Laufrad statt Rollator?

Ein älterer Herr mit Pullunder und Schirmmütze läuft mit einem Laufrad durch die Stadt.
Mit Spaß beweglich bleiben. Das bietet das Laufrad für Erwachsene von Albrecht Schnitzer. Foto: Sollso/Olaf Tamm

Schleswig-Holstein – Mobilität kann auch im Alter Spaß machen. Als Albrecht Schnitzer (89) begann, sich auf dem Fahrrad unsicher zu fühlen und immer wieder mal stürzte, kam ihm die Idee, die Pedalen in einem Fahrradgeschäft abmontieren zu lassen. Damals war er 84. Er rollerte mit den Füßen auf seinem neu erfundenen Laufrad durch die Stadt, denn für einen Rollator fühlte er sich trotz seines hohen Alters noch nicht bereit. Doch die Geometrie stimmt bei dem selbst gebauten Laufrad nicht, denn es war ja zum Radfahren gedacht.

Kaputt oder soll so?

Albrecht Schnitzer zog seinen Sohn Heinrich zurate, der sich gut mit technischen Dingen auskennt. Der recherchierte im Internet, wie für seinen Vater ein schickes Laufrad aus leichterem Material gebaut werden könne. Den Entwurf zeichnete er selbst. „Ich habe beruflich viel mit China zu tun“, erzählt Heinrich Schnitzer“, also habe ich dort nach einer günstigen Herstellung für den Prototyp gesucht.“ Das erste Laufrad für Albrecht Schnitzler wurde geliefert. „Es war aus Carbon, ein sehr teures und superleichtes Einzelstück“, erinnert sich Sohn Heinrich. Mit diesem Rad-Prototyp lief Albrecht Schnitzer einige Wochen durch die Stadt. Er wurde häufig von Passanten angesprochen. Einer rief im hinterher „kaputt, oder soll so?“ So entstand der Markenname für das Laufrad für Erwachsene der sollso® Laufrad UG, die in der norddeutschen Stadt Moorrege ihren Sitz hat.

„Es kamen immer mehr Anfragen und aus einer kleinen Serie wurde eine große Serie“, freut sich Heinrich Schnitzer. „Aktuell sind die beliebten Laufräder für Erwachsene ausverkauft. Erst im März erhalten wir die neue Lieferung.“

Albrecht Schnitzer (89):

„Wenn ich in Bewegung bin,
macht mein Leben viel mehr Sinn.“

Foto: Sollso/Olaf Tamm

Selbstbestimmung durch mehr Mobilität im Alter

Albrecht Schnitzer wollte eine ganz neue Fortbewegung für ältere Menschen, die auf einen Rollator keine Lust haben, sich aber im Straßenverkehr trotzdem sicher fühlen möchten. Die Nutzer des Laufrads haben mit den Füßen Bodenberührung. Das gibt Sicherheit und macht außerdem Spaß. Es ist ein bisschen wie zügiges zu Fuß gehen.

Ziel des Laufrades ist, sicher mobil zu sein, auch wenn ein wenig Mut dazu gehört. Das Sollso-Laufrad (ab 850 Euro, 5,2 KG) hat keine Straßenzulassung und wird ausschließlich auf dem Gehweg benutzt. Grundlage ist die Straßenverkehrsordnung. Auf Licht und Klingel wird bewusst verzichtet. Eine Kette hat das Fahrrad übrigens auch nicht.

Mehr Stil für Alltagshilfen

Wir werden alle älter, ob wir es akzeptieren möchten oder nicht. Demnächst werden viele Babyboomer gleichzeitig ins Rentenalter kommen und irgendwann Hilfsmittel benötigen. Ein Rollator zum Beispiel kann aber auch schon in jungen Jahren notwendig werden. Doch viele Menschen trauen sich damit nicht auf die Straße. Es ist ihnen zu peinlich.

Leider ist modernes Design bei Sanitätshäusern nicht häufig vertreten, weshalb sich viele Bedürftige in ihrer Mobilität und Selbstbestimmtheit einschränken. Denn Scham spielt bei der Entscheidung oftmals eine große Rolle. Verständlich: Schließlich ist Stil keine Frage des Alters. Wer früher darauf geachtet hat, wird auch im Alter nicht auf stilvolle Alltagshilfen verzichten wollen. Aus diesem Grund ist das Laufrad auch in knalligen Farben erhältlich. Eine gute Idee!

Zielgruppe für das Sollso-Laufrad sind all jene, die nicht mehr gut gehen können. Menschen, die an MS oder leichtem Parkinson leiden oder Personen mit Gleichgewichtsschwankungen können sich damit auf einfache Weise fortbewegen, ähnlich wie auf einem Fahrrad mit Stützrädern. „Wieder Mobilität im Alltag zu geben, das ist unser Ziel“, fasst der Sohn die Idee zusammen. „Wenn jetzt noch die Krankenkassen die Bedürftigen bei unserem Projekt ‚Moderne Gehilfe‘ unterstützen würden, dann wäre es ideal. Gemeinsam mit meinem Vater arbeite ich daran.“

Das könnte Sie auch interessieren