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Grundsteuerbescheid: Wie Sie ihn verstehen und prüfen können

Die Informationen gut gesammelt und in einem Ordner abgelegt: Wer alle Papiere zur Hand hat, sollte gründlich prüfen. Denn korrekte Angaben bedeuten bares Geld. Foto: AdobeStock/skywalk154

Sachsen -Bei den sächsischen Finanzämtern sind bis Ende Januar rund 1,4 Millionen Grundsteuererklärungen eingegangen. Bereits das Ausfüllen der Formulare hat viele Eigentümer vor Probleme gestellt. Die zwei Bescheide, die nun verschickt werden – einer über den Grundsteuerwert und einer über den Grundsteuermessbetrag –, werfen aber häufig noch mehr Fragen auf. Knapp 30.317 Einsprüche dagegen sind bereits bei den Behörden eingegangen.

Was ist unter dem Grundsteuerwert zu verstehen?

Er bildet den fiskalischen Wert des Grundstückes ab. Der Grundsteuerwert ersetzt den früheren Einheitswert und wird anders ermittelt. Bislang basiert die Bewertung von Grund und Boden auf Werten von 1935 im Osten und von 1964 im Westen. Das Prozedere der Erhebung wurde 2018 als verfassungswidrig eingestuft. „Die Verwendung der alten Daten hat im Laufe der Jahre zu Ungerechtigkeiten geführt, denn die Finanzämter haben die Werte nicht regelmäßig neu ermittelt, wie es das Gesetz verlangte“, erklärt René Hobusch, Präsident des Verbandes Haus & Grund Sachsen.

Neu ist: Für die Ermittlung des Grundsteuerwertes herangezogen werden nun eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete sowie ein Bodenrichtwert. Ausschlaggebend sind außerdem Grundstücksfläche, Grundstücksart und Gebäudealter.

Woher kommt die statistisch ermittelte Nettokaltmiete?

Die Basis ist der Mikrozensus 2018. Die Daten wurden also aus echten Mietzahlungen ermittelt und für jedes Bundesland sortiert. Die Werte unterscheiden sich je nach Baujahr, Gebäudeart und Wohngröße. Um zu große Ungerechtigkeiten zu verhindern, gibt es für jede Region eine Mietniveaustufe. Stufe 1 bedeutet den höchsten Abschlag von der ermittelten Nettokaltmiete, Stufe 7 den höchsten Aufschlag. In Sachsen ist der Großteil der Städte mit 1 und 2 eingestuft. Dresden etwa hat die Mietniveaustufe 3, Chemnitz die 2. Zum Vergleich: München ist mit der 7 eingestuft. Kritiker bemängeln, dass die Mietwerte zu fiktiv seien. „Ganz häufig liegen sie deutlich über dem, was tatsächlich an Kaltmiete erzielt werden kann“, sagt Hobusch.

Wonach richtet sich der Bodenrichtwert?

Der wird von den Gutachterausschüssen der Gemeinden festgelegt. Für die neue Grundsteuer wird mit Werten vom 1. Januar 2022 gerechnet. Eigentümer haben darauf also ebenso wenig Einfluss wie auf die angenommene Nettokaltmiete. In den Bodenrichtwerten sollen sich die Entwicklungen am Immobilienmarkt widerspiegeln. Hobusch hält aber auch diese Erhebung für unzulässig. „Ausgehend von vereinzelten Verkäufen und angenommenen Wertentwicklungen werden die Bodenpreise über das gesamte Gemeindegebiet hochgerechnet“, erklärt der Verbandschef.

Wie lässt sich der ermittelte Grundsteuerwert prüfen?

Im ersten Abschnitt des Bescheides stehen die Grundstücksdaten und auch gleich das Ergebnis: der Grundsteuerwert. „In der Regel fällt dieser Betrag deutlich höher aus als der frühere Einheitswert“, sagt Hobusch. Dementsprechend fällt auch die Grundsteuermesszahl höher aus, die mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert die spätere Grundsteuer ergibt. Eigentümer sollten prüfen, ob die Daten zu ihrem Grundstück stimmen: Bodenrichtwert, das Baujahr des Gebäudes, die Anzahl der Garagen, die gesamte Wohn-/Nutzfläche sowie die Fläche des Grundstücks.

Die weitere Berechnung im Grundsteuerbescheid nachzuvollziehen, ist schon etwas komplizierter, aber machbar. Eine Anleitung finden Sie in der Box „Stimmen die Werte für mein Grundstück?“

Wie erkennen Eigentümer den richtigen Grundsteuermessbetrag?
Der zweite Bescheid ist vergleichsweise einfach zu verstehen. Der Grundsteuerwert wird mit der Steuermesszahl multipliziert. Diese ist jedoch bundesweit nicht einheitlich. In Sachsen gilt für Einfamilienhäuser und unbebaute Grundstücke eine Steuermesszahl von 0,036. Für Teileigentum liegt die Steuermesszahl bei 0,072.

Gegen welchen Bescheid lohnt sich ein Einspruch und wann?

Der Eigentümerverband rät dazu, vorsorglich Einspruch gegen die beiden Bescheide einzulegen, um sie offen zu halten. Der Grund: Haus & Grund Deutschland werde gemeinsam mit dem Bund der Steuerzahler Musterverfahren führen, sagt Hobusch. Im Fokus stehen dabei die angenommene Nettokaltmiete und die Bodenrichtwerte. „Beides wird von Finanzbehörden automatisch und zu willkürlich angesetzt und ist unserer Ansicht nach verfassungswidrig“, sagt Hobusch. Die Folge sei zudem häufig eine höhere Grundsteuer für einzelne Eigentümer.

Was können Eigentümer tun, wenn sie einen Einspruch versäumt haben?

Dann werden die Bescheide rechtskräftig. „Wir haben Sachsens Finanzminister gebeten, bereits ergangene und neue Bescheide für vorläufig zu erklären. Es gab aber keine Reaktion“, sagt Hobusch. Betroffene Eigentümer hätten daher nur noch eine Chance, wenn die Musterklagen Erfolg haben und das Gesetz neu geschrieben werden muss.

Wann erfahren Eigentümer, wie viel Grundsteuer künftig fällig wird?

Den dritten Bescheid verschicken die Finanzämter in der zweiten Hälfte des Jahres 2024. Darin steht dann, wie viel Grundsteuer ab 2025 zu zahlen ist. Eigentümer sollten prüfen, ob der Grundsteuerwert, die Steuermesszahl und der Grundsteuermessbetrag aus den ersten zwei Bescheiden korrekt übernommen wurden. Auch den Hebesatz der Kommune sollte jeder prüfen.

Wie wird die neue Grundsteuer berechnet?

Die drei grundsätzlichen Faktoren haben sich nicht geändert. Der Grundsteuerwert wird mit der Grundsteuermesszahl und dem Hebesatz multipliziert. Ein Rechenbeispiel: Grundsteuerwert: 200.000 Euro, Steuermesszahl: 0,036 Prozent (im Bescheid steht 0,36 v. T.), Hebesatz 450 Prozent. Die Rechnung ist wie folgt: 200.000 x 0,036/100 macht 72 Euro. Das ist die Steuermesszahl. Danach: 72 x 450/100 = 324 Euro. Die jährliche Grundsteuer ab 2025 beträgt in dem Fall also 324 Euro. „Ist diese deutlich höher als der bisherige Jahresbetrag, sollten Eigentümer in jedem Fall Einspruch einlegen“, so René Hobusch.

Kornelia Noack

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

Stimmen die Werte für mein Grundstück?

Für die Berechnung im Grundsteuerbescheidwird das sogenannte Bewertungsgesetz (BewG) herangezogen. Eigentümer sollten es sich am besten parallel im Internet aufrufen. Und dann gilt es, Punkt für Punkt durchzugehen:

Liegenschaftszinssatz: Hängt von der Art des Eigentums ab und eventuell vom Bodenrichtwert. Wie hoch der Zins ist, können Eigentümer in § 256 BewG prüfen.

Restnutzungsdauer des Gebäudes: Differenz aus der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (in der Regel 80 Jahre) und dem Alter des Gebäudes (2022 minus Baujahr), mindestens aber 24 Jahre.

Rohertrag: Hierzu liest man in Anlage 39 BewG die Nettokaltmiete ab sowie unter Punkt II die Prozente der Mietstufen von -20 bis +40. Diese ergeben sich aus der Tabelle im Anhang zu § 1 der Verordnung zur Einstufung der Gemeinden im Sinne des § 254 BewG. Die monatliche Nettokaltmiete wird dann mit zwölf multipliziert.

Garagenstellplätze: Pro Garage sind es 35 Euro im Monat, darauf erneut die Mietniveaustufe anwenden und mit zwölf multiplizieren. Das ergibt den Rohertrag. Zusammen mit dem Rohertrag für die Wohnung ergibt das den Rohertrag fürs Grundstück.

Reinertrag des Grundstücks: Ergibt sich aus dem Rohertrag des Grundstücks abzüglich der Bewirtschaftungskosten. Diese Prozentzahl findet man in Anlage 40 BewG.

Kapitalisierter Reinertrag des Grundstücks: Dafür wird der Reinertrag mit dem Vervielfältiger multipliziert. Der Wert ergibt sich aus der Tabelle in Anlage 37 des BewG.

Umrechnungskoeffizient: Wird in Abhängigkeit der Größe des Grundstücks berechnet, zu finden in Anlage 36 des BewG.

Abzinsungsfaktor: Kann in der Tabelle in Anlage 41 des BewG ermittelt werden.

Abgezinster Bodenwert: Der wird so berechnet: Fläche x Bodenrichtwert x Umrechnungskoeffizient x Abzinsungsfaktor. Ohne den Abzinsungsfaktor ergibt sich der Bodenwert vor Abzinsung.

Ermittlung des Grundsteuerwerts: Summe aus kapitalisiertem Reinertrag des Grundstücks und abgezinstem Bodenwert.

Prüfung des Mindestwerts: Nun wird nur noch kontrolliert, ob 75 Prozent des Bodenwerts vor Abzinsung vielleicht doch mehr sind als der berechnete Grundsteuerwert. Wenn das so sein sollte, ist dieser Wert der Grundsteuerwert.

Quelle: Haus & Grund

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