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Magische Geschöpfe mit Hörnern, grimmigen Masken und Fellkostümen auf dem Markt. Foto: J. Männel
Besuch aus einer anderen Welt: Während der Rauhnächte treiben sich diese magischen Geschöpfe auf sächsischen Märkten herum. Foto: J. Männel

Dresden feiert die Rauhnächte 

Es blubbert, es brodelt, es brutzelt: Wer den Weihnachtsmarkt im Dresdner Stallhof besucht hat, konnte in eine ganz eigene, sehr unverwechselbare Atmosphäre eintauchen. Besonders schön: Der Badezuber wurde wieder angeheizt. Gut temperiert bei 37 Grad ist er der wärmste Platz auf dem Weihnachtsmarkt. Sieht man mal vom Grill ab. Aber welcher Besucher will da schon drauf liegen? Viel schöner ist es, mit Freunden im Badezuber zu blubbern. Endlich wieder. Sind die Vorhänge nicht vorgezogen, haben auch Vorbeispazierende ein optisches Vergnügen. Nicht zu überhören: Bader Pierre der Bärtige. Wenn er die Baderegeln ausruft, ist klar, dass bis zu sechs Personen – so viele Gäste passen in den Zuber – ein Bad in der Menge nehmen – und das im wahrsten Sinne des Wortes.  

Historisch, romantisch, handgemacht 

Was für ein schöner Ort: Die historische Kulisse des Stallhofs war einst Schauplatz für Reitturniere. 1586 neben dem Residenzschoss erbaut, ist das Renaissance-Ensemble nahezu im Original erhalten. So gilt Dresdens Stallhof als einer der ältesten noch erhaltenen höfischen Turnierplätze weltweit.  

Auch heute ist er ein Ort für Unterhaltsames. So zieht im Dresdner Stallhof alljährlich in der Adventszeit die Mittelalter Weihnacht ein, ein Markt der besonderen Art. Zirka 50 Krämer bieten dann bei gemütlicher Beleuchtung ihre Waren und Speisen feil; Handwerker führen ihr traditionsreiches Können vor den Augen der Gäste vor. Dazu gehören der Schmied, ein Münzpräger, ein Möbelmacher, eine Seilerin und ein Schnitzer. Nicht zu vergessen, die stimmungsvollen Musiker, die live ihre Künste darbieten! 

Dresdner Rauhnächte im Stallhof 

Wenn andere Weihnachtsmärkte längst ihre Pforten geschlossen halten, öffnet die Mittelalter Weihnacht wieder, und zwar am 27. Dezember. Dann finden im Dresdner Stallhof die Rauhnächte statt.  

Es ist die dunkelste Zeit des Jahres und eine gute Gelegenheit, nach innen zu horchen. Die zwölf Rauhnächte beginnen am 1. Weihnachtsfeiertag und enden am Drei-Königs-Tag, dem 6. Januar. Volkstümlich betrachtet, ist es die „Zeit zwischen den Jahren“.  

Gern darf jetzt ganz in Familie oder dem Kreis von engsten Freunden gereinigt und auch geräuchert werden. Auch die Träume während der zwölf Rauhnächte sollte man im Blick behalten, darüber nachdenken und vielleicht auch handeln. 

Wer mag, der wünscht sich etwas. Während der magischen Nächte funktioniert dieses Ritual so: Insgesamt werden 13! Wünsche auf je einen Zettel notiert. Sie sollten positiv und aktiv formuliert sein, wie etwa „Ich schaffe das!“ Jeder dieser Wunschzettel sollte in eine kleine Schachtel gesteckt werden. Ab dem 1. Tag der Rauhnächte wird ein Schächtelchen gezogen, der Zettel herausgenommen und ungelesen verbrannt. Das Universum nimmt die Wünsche auf und sollte sie auch erfüllen. Am 13. Tag jedoch sind Sie an der Reihe. Was auf Ihrem letzten Zettel steht, das dürfen Sie aufmerksam lesen. Denn diesen Wunsch umzusetzen, das müssen Sie ganz allein arrangieren. Vielleicht werden Sie ja im Dresdner Stallhof bei einem Besuch inspiriert?

Wahrsagerinnen, Kartenlegerinnen, magische Geschöpfe, mittelalterliche Handwerkskünste, Gaukler und Musikanten begleiten in der Zeit der Rauhnächte das Geschehen im Dresdner Stallhof. Denn dann findet der Markt „zwischen den Jahren“ statt, auch „Dresdner Rauhnächte“ genannt. 

Der Macher der Mittelalter Weihnacht und Dresdner Rauhnächte  

Henri Bibow ist waschechter Sachse, auch wenn man es ihm nicht anhört. Der 61-Jährige stammt aus Torgau und teilt seine Leidenschaft für Märkte und Spektakel mit einem großen Publikum. 

Foto: J. Männel 

Was vor mehr als 25 Jahren begann, lässt ihn auch bis heute nicht los: das bunte Treiben der mittelalterlichen Märkte und Ritterturniere wie etwa auf der Albrechtsburg in Meißen, im Kloster Altzella bei Nossen oder auch während barocker Feste, wie beispielsweise die Wallensteintage in Stralsund.  

Warum? Ganz einfach, Bibow mag Geschichte. Das Interesse für die Verläufe der Welt ist sein großes Hobby. Er liebt die lebendige Art, Geschichte darzustellen. Während der Ritterturniere in den Sommermonaten gibt der Sachse gern auch den Turnierherold, übersetzt: Moderator.  
In den Wintermonaten organisiert er – gemeinsam mit einem Team von zehn engagierten Mitstreitern, zu denen auch seine Frau Silke gehört – in der Agentur „Sündenfrei“ die Mittelalter Weihnacht und Dresdner Rauhnächte im Stallhof.  

Natürlich weiß der 61-Jährige um den Zauber der Rauhnächte. „Im Mittelalter wurde der 25. Dezember als Weihnacht zelebriert und darauf folgten die zwölf Rauhnächte. Die Weihnachtszeit endete erst am 6. Januar. Diese heiligen Nächte waren magisch für unsere Vorfahren.“ Er könne sich noch daran erinnern, dass seine Großeltern in dieser Zeit keine Wäsche wuschen.

Wie die Rauhnächte volkstümlich zelebriert werden können? „Einen Geschmack davon bietet das Geschehen im Dresdner Stallhof, bei dem alte Rituale in der Neuzeit weiterleben“, verspricht Bibow.  

Apropos Alter: Ist die Organisation solcher Spektakel bei zunehmendem Alter nicht belastend? Bibow verneint und betont, dass die Arbeit ihm Freude bereite und er keinen Grund habe, damit aufzuhören. Und wann wäre ein solcher Grund? „Wenn jeder kleine Junge in Deutschland ein Holzschwert und jedes Mädchen einen mittelalterlichen Haarreif hat“, sagt er lachend. Klingt ein wenig nach „Nie“, ist aber auch verständlich. Schließlich erfreuen sich Mittelaltermärkte und Ritterturniere eines treuen Publikums – zum Beispiel in der Sächsischen Landeshauptstadt.

„Wir sind den Dresdnern dankbar, dass sie immer wieder zu uns kommen und entwickeln ständig neue Ideen“, sagt Bibow. So würden derzeit große Engelsflügel mit Ölfarbe auf Holzwände gemalt. Die Ersten hängen bereits neben der Skandinavischen Taverne; das nächste Paar wird opulenter und im Bereich der Pferdeschwemme angebracht sein. Wer sich davor stellt, dem „wachsen“ Engelsflügel. Man kann sich damit fotografieren lassen und vielleicht trägt das eine oder andere Foto die Kunde von den Dresdner Rauhnächten via Facebook, Instagram oder TikTok in die Welt? Vielleicht wird es aber auch ein lieber WhatsApp-Gruß für die Großeltern. Schließlich lädt die Zeit der Rauhnächte zu einem sorgsamen Miteinander ein. 

Katrin Fiedler 

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

  • Geöffnet ist die Mittelalter Weihnacht im Dresdner Stallhof alljährlich bis 23. Dezember. 
  • Das Markttreiben wird anschließend mit den Dresdner Rauhnächten fortgesetzt.  
  • Öffnungszeiten 2023/24: 27. bis 30. Dezember, 11-21.30 Uhr, 2. bis 6. Januar, 11-20 Uhr. 
  • Eintritt (nur während des 1. Teils der Dresdner Rauhnächte, 27. bis 30. Dezember: Erw. 5 Euro, Kinder 3 Euro. 
  • Der Stallhof ist barrierefrei. 
  • Das ausführliche Programm der Dresdner Rauhnächte finden Sie auf der Internetseite www.mittelalter-weihnacht.de

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