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BARMER Dresden legt Pflegereport vor

Worte Arzt, Rezept, Klinik, Patient, Vorsorge sowie in groß das Wort pflegebedürfig stehen auf einer Tafel.
Chronisch Kranke und Pflegebedürftige müssen ambulant, ärztlich oder stationär pflegerisch bestmöglich versorgt werden. Foto: AdobeStock/Marco2811

Dresden/Leipzig – Bis zu 71.400 Krankenhausaufenthalte bei Pflegebedürftigen wären jährlich potenziell vermeidbar, wenn Patientinnen und Patienten ambulant oder stationär im Pflegeheim besser versorgt würden. Dafür müsste allerdings ihr individueller pflegerischer und medizinischer Bedarf stärker berücksichtigt werden. Das legen die Ergebnisse des BARMER-Pflegereports 2023 nahe.

„Nicht alle chronisch Kranken und Pflegebedürftigen werden ambulant ärztlich oder stationär pflegerisch bestmöglich versorgt. Um das zu ändern, brauchen wir dringend neue, effizientere Versorgungsstrukturen. Das können zum Beispiel wohnortnahe, sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sein“, sagte Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Sachsen. Solche sektorenübergreifenden Einrichtungen müssten Bund und Länder im Rahmen der aktuell diskutierten Krankenhausreform gerade in Sachsen stärker etablieren.

Krankenhausaufenthalte bei Harnwegsinfekten und Co sind vermeidbar

Dem Pflegereport zufolge waren zwischen den Jahren 2017 und 2022 in Sachsen monatlich im Schnitt rund 16.000 pflegebedürftige und kurz vor der Pflegebedürftigkeit stehende Patienten in einer Krankenhausbehandlung. Eine Behandlung vor Ort, durch eine Hausarztpraxis oder direkt im Pflegeheim war für diese Menschen zumeist nicht oder nur schwer möglich.

Das betraf beispielsweise monatlich rund 1.000 Pflegebedürftige mit Herzinsuffizienz und rund 360 mit Volumenmangel (Dehydrierung), rund 300 mit Harnwegsinfekten oder Entgleisung einer Diabetes mellitus Typ 2. „Bei einer gezielteren Versorgung im Vorfeld müssten Pflegebedürftige mit entsprechenden Erkrankungen meist gar nicht erst in ein Krankenhaus. Dafür müssen allerdings die Rahmenbedingungen stimmen“, betonte die BARMER-Chefin und verweist darauf, dass alle pflegebedürftigen Menschen bereits meist gesundheitliche Einschränkungen hätten. Krankenhausaufenthalte seien daher für sie per se nicht ungewöhnlich. Die Wahrscheinlichkeit einer stationären Behandlung für Pflegebedürftige läge etwa fünfmal höher als bei nicht pflegebedürftigen Personen.

„Die gezielte Versorgung ist es, die eine gute Betreuung in einem Pflegeheim ausmacht. Unserer Einrichtung hat Kooperationen mit niedergelassenen Hausärzten, die bei Bedarf kurzfristig, auch außerhalb ihrer Sprechzeiten hinzugezogen werden können, beispielsweise bei Zustandsveränderung, in der palliativen Phase oder nach Stürzen zu entscheiden, ob Folgebehandlungen im Krankenhaus notwendig werden“, sagt Kristin Ritter, Heimleiterin des DRK Seniorenzentrum Herbstsonne in Freital.

Mehr Kooperation zwischen Gesundheitsberufen

Auch Pflegekräfte mit medizinischer Ausbildung hätten durchaus fachliche Kompetenzen. Diese müssten natürlich durch regelmäßige Schulungen gefestigt und ausgebaut werden. Durch ihr bedarfsgerechtes, verantwortungsvolles Handeln könne dann ebenfalls unnötigen Krankenhausaufenthalten vorbeugt werden, beispielsweise wenn es um den Wechsel von verstopften Kathetern bei Harnwegsproblemen gehe oder auch darum zu entscheiden, wann es bei Stützen erforderlich sei einen Rettungswagen zu rufen. Ritter verweist jedoch auch darauf, dass die Kolleginnen und Kollegen im ambulant pflegerischen Bereich oft nicht auf solche Kooperationen mit Ärztinnen und Ärzten zurückgreifen können. In der ambulant medizinischen Versorgung von chronisch kranken und pflegebedürftigen Menschen sehe sie aufgrund der fehlenden weiteren Überwachung keine Ressourcen.

Unnötig lange Klinikaufenthalte

„Die Auswertung unsere Daten lassen darauf schließen, dass einige Krankenhausaufenthalte nicht nur vermeidbar, sondern auch verkürzbar wären, wenn verschiedene Gesundheitsberufe, Arztpraxen und Pflegedienste stärker sektorenübergreifend zusammenarbeiten würden“, sagt Monika Welfens. Gerade in dünn besiedelten Gebieten brauchten die Menschen wohnortnahe ambulante Versorgungsangebote. Sie würden von einer sektorenübergreifenden Versorgung am deutlichsten profitieren.

„Je besser das gelingt, desto eher könnten stationäre Aufenthalte vermieden und verkürzt werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, so die BARMER-Chefin. Kristin Ritter ergänzt: „Aufenthalte im Krankenhaus bedeuten für Pflegebedürftige regelmäßig großen Stress. Außerdem besteht gerade bei Menschen, die aus der eigenen Häuslichkeit kommen die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands, so dass eine Veränderung in der versorgenden Pflege erforderlich wird.“

Mehr als ein Viertel (rund 192.000) der sächsischen Krankenhauspatientinnen und -patienten war im vergangenen Jahr bereits vor der Aufnahme in die Klinik pflegebedürftig. Für rund 15.000 Menschen wurde im Jahr 2022 der Krankenhausaufenthalt zum Start einer Pflegekarriere. Ein Krankenhausaufenthalt von Menschen, die im Monat der Krankenhausaufnahme pflegebedürftig werden, dauerte dabei am längsten, in Sachsen laut BARMER Pflegereport im Schnitt 12 Tage. Geschuldet oft auch der Suche nach einer passenden Versorgung. Bei nicht Pflegebedürftigen sind es acht Tage.

„Wer nach einem Krankenhausaufenthalt pflegebedürftig wird, liegt meist länger in der Klinik. Im Vergleich zu nicht pflegebedürftigen Patienten sind das durchschnittlich vier Tage mehr“, sagte die BARMER Landeschefin. Jene, die bereits pflegebedürftig ins Krankenhaus kämen, würden dort durchschnittlich zehn Tage verbringen. Natürlich spiele die Schwere der jeweiligen Grunderkrankung eine maßgebliche Rolle. Ein weiterer Faktor für eine verzögerte Entlassung aus der Klinik sei jedoch auch, dass die Pflege zuhause oft erst organisiert oder eine passende Pflegeeinrichtung gefunden werden müsse. „An dieser Stelle hakt es oft noch in vielerlei Hinsicht, da es an freien Pflegekapazitäten und deren Transparenz mangelt, sagt Welfens.

Es werden mehr Kurzzeitpflegeplätze gebraucht

Die lange Verweildauer von Menschen, die neu pflegebedürftig werden, ist auch ein Indiz für Versorgungslücken und nicht bedarfsgerechte Angebote. Da sich laut Report Krankenhausaufenthalte deutlich verlängern, wenn die Pflege danach erst organisiert werden müsse, seien beispielsweise Kurzzeitpflegeplätze sehr wichtig. Sie helfen, die Zeit bis zum Wechsel in ein passendes Pflegearrangement mit einem höheren Anteil Pflege, beispielsweise durch ambulante Dienste, Haushaltshilfen oder andere Betreuungsangebote, zu überbrücken.

“Wir begrüßen es sehr, dass das Sächsische Sozialministerium ein Förderprogramm zum Ausbau der pflegerischen Infrastruktur, insbesondere dem Ausbau der Kurzzeitpflege, verabschiedet hat“, sagt Welfens, fordert jedoch gleichzeitig, dass mit dem bereit gestellten Geld die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze, möglichst in allen Landkreisen und kreisfreien Städten, zügig erhöht werden müsse. „Wenn Menschen pflegebedürftig werden, ist das eine riesige Herausforderung für sie selbst und insbesondere die Angehörigen. Sie müssen sich in dieser oft vollkommen neuen Situation darauf verlassen können, dass die Versorgung bestmöglich funktioniert und benötigen Unterstützung“, sagt die BARMER-Landesgeschäftsführerin.

Derzeit sei der Aufwand, freie Pflegeplätze ausfindig zu machen, unnötig hoch. Wichtig seien daher auch verlässliche Online-Portale zum Suchen und Auffinden freier Pflegeplätze. Es sei zielführend, wenn alle Leistungserbringer über die freien Kapazitäten Transparenz herstellen, damit Angehörige und Pflegebedürftige zügig einen geeigneten Pflegeplatz finden könnten.

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