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Seniorin blättert in Vertragsunterlagen des Pflegedienstleisters.
Es ist wichtig, auf die Inhalte des Vertrags mit dem Pflegedienstleister zu achten, um böse Überraschungen, wie eine plötzliche Kündigung, zu vermeiden. Foto: compass pflegeberatung

Pflegedienstleister kündigt – was nun?

Deutschland – Die Leistungen in der Pflege sind vertraglich zwischen Leistungserbringern und -empfängern geregelt und begründen ein besonderes Vertrauensverhältnis. Deshalb ist es gesetzlich geregelt, dass ein Pflegedienst nicht abrupt kündigen darf. Pflegeverträge werden zwischen den Vertragsparteien in aller Regel unbefristet abgeschlossen, weil die genaue Dauer der benötigten Pflegeleistungen selten abschätzbar ist. Eine Kündigung des Vertrages kann sowohl vom Pflegebedürftigen, dessen Vertretungsberechtigten oder vom Pflegedienst ausgesprochen werden. Allerdings kann der Pflegebedürftige laut § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB XI jederzeit kündigen. Eine abweichende Regelung darf nicht im Vertrag stehen und wäre unwirksam. Was können Betroffene aber tun, wenn der Vertrag einseitig vom Pflegedienstleister gekündigt wird?

SZ-Lebensbegleiter sprach mit Frank Herold, Pflegeexperte von der compass private pflegeberatung GmbH, über die Möglichkeiten bei einer einseitigen Kündigung durch den Pflegedienst.

Herr Herold, welche Kündigungsfristen gibt es gesetzlich für den Pflegedienst und welche Übergangsfristen gelten?

Die Kündigungsfristen für Pflegedienste sind gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Die Frage, wann und mit welchen Fristregelungen ein ambulanter Pflegedienst Leistungsempfänger*innen kündigen darf, richtet sich nach den jeweiligen Regelungen im individuellen Pflegevertrag. Diese können unterschiedlich sein und werden von den Leistungserbringern selber festgelegt. In den häufigsten Fällen ist eine Kündigungsfrist von 14 Tagen vorgesehen. In verbraucherfreundlichen Verträgen kann aber auch eine deutlich längere Frist enthalten sein. Der Pflegedienst kann dann im Folgenden auch unter Einhaltung dieser Fristregelung das bestehende Vertragsverhältnis kündigen.

Worauf müssen Pflegebedürftige und deren Angehörige beim Vertragsabschluss besonders achten?

Fehlt im vorliegenden Vertrag eine Regelung zur Kündigungsfrist gänzlich oder wurde kein schriftlicher Vertrag über die Erbringung der Pflegeleistungen zwischen den beiden Parteien abgeschlossen oder sind die vereinbarten Kündigungsfristen unwirksam, gelten für beide Vertragsparteien die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Haben die Betroffenen Anspruch auf Schadenersatz oder die Einhaltung einer Frist?

Da der Gesetzgeber in Pflegeverträgen ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Pflegedienst und seinen pflegebedürftigen Vertragspartner*innen sieht, muss der Pflegedienst bei einer Kündigung Rücksicht auf den Pflegebedürftigen nehmen. Gemäß § 627 Abs. 2 BGB sollte Pflegebedürftigen im Kündigungsfall durch den Pflegedienst die Möglichkeit eingeräumt werden, einen alternativen Pflegedienst zu finden und zu beauftragen.

Was ist, wenn der Pflegedienstleister keine Zeit für die Suche einer alternativen Lösung bietet?

Sollte sich der Pflegedienst nicht an diese Option halten, führen die beschriebenen Umstände jedoch nicht automatisch zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. Pflegebedürftigen oder den vertretungsberechtigten Angehörigen könnte daraus aber möglicherweise ein Anspruch auf Schadenersatz erwachsen.

An wen können Betroffene sich in diesem Fall wenden?

Betroffene können und sollten sich in diesen Fällen zur Klärung möglicher Schadensersatzansprüche rechtlich beraten lassen. Hierzu sollten sich Pflegebedürftige aber an eine Rechtsberatungsstelle wenden. Zur Klärung von Fragen rund um die Versorgung vor Vertragsbeginn und während der Pflegesituation können sie sich an die Pflegeversicherung oder eine Pflegeberatung, zum Beispiel compass private pflegeberatung GmbH, wenden.

Damit ist aber das Problem der nicht gewährleisteten Pflegeversorgung nicht gelöst…

Auch hier sollte eine Pflegeberatung – für gesetzlich versicherte durch den Pflegestützpunkt und für privat Versicherte durch die compass private pflegeberatung GmbH – genutzt werden. Diese steht jedem Pflegebedürftigen kostenfrei zur Verfügung. Die Beraterinnen und Berater kennen die Pflegedienste vor Ort und können bei der kurzfristigen Neuorganisation unterstützen. Ist die nahtlose Versorgung im ambulanten Bereich nicht möglich, kann die Beratung auch die Alternativen aufzeigen. Zum Beispiel die Unterbringung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung, bei deren Auswahl die Betroffenen ebenfalls unterstützt werden.

In welchen Situationen darf ein Pflegedienst überhaupt fristlos kündigen?

Ein Pflegedienst darf ein bestehendes Vertragsverhältnis dann kündigen, wenn wichtige und schwerwiegende Gründe für eine Kündigung geltend gemacht werden können. In diesen Fällen müssen die Leistungserbringer, also Pflegedienste, keine Rücksicht auf die Sicherstellung der Pflege nehmen. Liegt ein schwerwiegender Grund vor, besteht zudem kein Anspruch auf Schadenersatz.

Können Sie Beispiele für schwerwiegende Gründe nennen?

Schwerwiegende Gründe liegen zum Beispiel vor, wenn Streitsituationen eskalieren oder die pflegebedürftige Person mit Ihrem Verhalten eine Gefährdung für die jeweilige Pflegefachkraft darstellt. Außerdem können betriebsbedingte Gründe vorliegen, etwa wenn die Personalkapazitäten des Pflegedienstes dauerhaft eingeschränkt sind, oder sonstige Einflüsse zu einer massiven Einschränkung des Betriebs der Pflegeeinrichtung führen.

Das Gespräch führte Anette Rietz.

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