Sachsen – Wer die Regeln der Händehygiene beachtet und Menschenansammlungen meidet, hat schon viel zur Vorbeugung gegen Infektionen wie Corona getan. Doch ob eine Krankheit ausbricht oder nicht, hängt auch vom Immunsystem ab. Wie lässt es sich stärken?
Tipp 1 – Vitamine
„Gute Daten gibt es zur Wirkung von Vitamin C“, sagt Professor Axel Roers. Der Immunologe und Hautarzt ist Direktor des Instituts für Immunologie an der TU Dresden. Studien zufolge hemme ein ausgeglichener und ausreichend hoher Vitamin-C-Spiegel die Infekthäufigkeit. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Körper während einer Infektion besonders viel Vitamin C verbraucht. Der regelmäßige Nachschub sorge somit dafür, dass der Körper durch die Erkrankung weniger geschwächt wird.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt Erwachsenen Höchstmengen von 250 Milligramm pro Tag. Aus Sicht der Europäischen Sicherheitsbehörde EFSA ist auch eine tägliche Aufnahme von bis zu einem Gramm ohne schädliche Nebenwirkungen. Roers zufolge sollte man dazu aber auf frisches Obst und Gemüse zurückgreifen, da in Früchten noch andere gesunde Pflanzstoffe enthalten sind. Muss aber wegen Allergien Obst gemieden werden, könne man auch Nahrungsergänzungsmittel nutzen. Eine versehentliche Überdosierung sei dabei nicht schädlich, weil der Körper es einfach wieder ausscheidet.
Anders beim Vitamin D. Es ist fettlöslich und werde gespeichert. „Ein Zuviel kann zu Vergiftungen oder Nierenschädigung führen“, so der Immunologe. Da Vitamin D aber unverzichtbar fürs Immunsystem und der Bedarf allein über die Ernährung nicht zu decken sei, empfiehlt er eine Nahrungsergänzung – ärztlich überwacht. Normalerweise stellt der Körper das Vitamin aus Cholesterin und Sonnenlicht selbst her. Doch in den Wintermonaten könne es zu einem Manko kommen. „Trotzdem sollte man sich so oft wie möglich im Freien bewegen, auch bei bedecktem Himmel.“ Um die Infektabwehr zu mobilisieren, könne er auch kurze Sonnenbäder im Solarium mit einem entsprechenden UV-Spektrum empfehlen. „Aber bitte nur wenige Minuten und höchstens einmal in der Woche. Dann ist die Hautkrebsgefahr gering.“ Mit Ausnahme von fettem Fisch, Eigelb, Milch sowie einigen Speisepilzen ist Vitamin D in der Nahrung kaum vorhanden.
Tipp 2 – Mineralstoffe
An erster Stelle der abwehrstärkenden Mineralstoffe steht Professor Roers zufolge Zink. Es sei direkt an der Immunabwehr beteiligt und deshalb nötig. Der Bedarf ließe sich meist über eine abwechslungsreiche Ernährung decken, denn Hauptquellen für Zink sind Fleisch, Fisch, Käse und Eier. „Vegetarier oder Veganer kommen manchmal in einen Mangel, es sei denn, sie nehmen reichlich Nüsse und Hülsenfrüchte zu sich“, so Axel Roers. Doch Zink ist ein Schwermetall, warnt die Verbraucherzentrale. Eine Überdosierung könne zur Vergiftung führen. Insofern sollte eine Nahrungsergänzung Roers zufolge zeitlich begrenzt erfolgen und ärztlich überwacht werden. Auch ein übermäßiger Verzehr zinkreicher Lebensmittel könne wegen ihres hohen Cholesteringehaltes für gefäßkranke Menschen schädlich sein.
Tipp 3 – Impfen
„Impfungen sind eine gute Schulung für unsere Abwehr“, sagt Professor Alexander Dalpke, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie. Denn der Körper komme so in Kontakt mit abgeschwächten oder toten Viren und Bakterien, die ihn aber nicht krank machten. Die Abwehr produziere aber trotzdem Antikörper. Dieses Wissen gehe nicht verloren. Dringt ein solcher Erreger wieder in den Körper ein, werde er erkannt und bekämpft. Der Leiter der Klinik für Infektions- und Tropenmedizin des Klinikums Chemnitz, Dr. Thomas Grünewald, verweist auf eine Studie, wonach Menschen, die sich über zehn oder 15 Jahre regelmäßig gegen Grippe impfen ließen, auch neuen Virustypen gegenüber einen besseren Schutz haben.
Tipp 4 – Gesunde Darmflora
„Die Bakterienflora im Darm prägt das Immunsystem, das ist wissenschaftlich belegt“, sagt Alexander Dalpke. „Doch dieses Wissen ist für uns noch nicht vollständig nutzbar.“ Beim Aufschließen der Nahrung würden Botenstoffe freigesetzt, die Auswirkungen auf das Immunsystem haben. Doch welche Nahrungsmittel welche Botenstoffe fördern oder hemmen, könne noch nicht eindeutig gesagt werden. Zudem habe jeder Mensch sein individuelles Mikrobiom. „Eine kurzfristige Nahrungsumstellung verändert da noch nicht viel.“ Sich darmgesund, das heißt mit reichlich Ballaststoffen zu ernähren, sei aber immer zu empfehlen. „Denn Ballaststoffe füttern die gesunden Darmbakterien.“ Wie nachhaltig jedoch spezielle probiotische Kuren aus der Apotheke oder angereicherte Lebensmittel wirkten, sei nicht klar.
Tipp 5 – Immunbooster
Die Präparate heißen Echinacea (Roter Sonnenhut) oder Umckaloabo (afrikanische Geranie) und sollen die Infekthäufigkeit senken. Professor Roers verweist auf eine britische Studie zu Umckaloabo, die er als seriös bezeichnet. Das als Tropfen, Saft oder Tabletten erhältliche Mittel habe nachweislich die Erkältungssymptome bei Kinder reduziert, sie brauchten beispielsweise weniger Paracetamol. An Echinacea werde ihm zufolge noch geforscht. Effekte auf Immunsystem seien nur im Reagenzglas, also noch nicht am lebenden Organismus überprüft worden. Aus Sicht der Carstens-Stiftung, die sich für die Erforschung natürlicher Behandlungsmethoden einsetzt, könne Echinacea nachweislich Erkrankungshäufigkeit und Krankheitsdauer senken. Es wird in Form von Tabletten und Tropfen, aber auch als Heißgetränk oder Lutschtablette angeboten.
Tipp 6 – Guter Schlaf
Wissenschaftler gehen davon aus, dass im Schlaf eine Art „Reset“ des Immunsystems stattfindet. Es fahre die Aktivität herunter, gehe zurück auf die Grundeinstellung und könne Erreger danach mit voller Energie bekämpfen. Anhand von Blutuntersuchungen konnte auch gezeigt werden, dass Immunzellen auf Bestandteile von Bakterien nach einer erholsamen Nacht stärker reagierten. Das Phänomen des Sich-Gesund-Schlafens könne so belegt werden, heißt es in der Apotheken-Umschau. Über die Schlafdauer wurde nichts veröffentlicht, nur die Schlafqualität wurde untersucht. Doch sechs bis acht Stunden Nachtschlaf gelten allgemein als ausreichend.
Tipp 7 – Temperaturreize
„Saunabaden, Wechselduschen und Kneippanwendungen können nachweislich die Abwehr stärken“, sagt Professor Karl-Ludwig Resch vom Deutschen Institut für Gesundheitsforschung in Bad Elster. Die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu lägen aber schon 30 Jahre und länger zurück. Damals seien zum Beispiel große Gruppen von Studenten mit einer Saisonkarte für die Sauna ausgestattet worden. Sie und eine Vergleichsgruppe ohne Sauna mussten jeden kleinen Infekt melden. Bei der Saunagruppe sei die Infekthäufigkeit halb so hoch gewesen.
Heute wisse man, dass Temperaturreize freie Radikale im Blut aktivieren, die Eiweißbestandteile von Bakterien und Viren angreifen. „Damit wird das Immunsystem trainiert.“ Eine Doktorarbeit aus der Universität Jena von 2005 konnte nachweisen, dass nach zehnwöchiger Anwendung von kalten Oberkörpergüssen die Zahl der Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) im Blut um 13 Prozent zugenommen hat, was einer Steigerung der Immunabwehr entspricht.
Doch muss es immer das kalte Wasser sein? Professor Resch: „Es geht um den Temperaturreiz. Da muss sich niemand quälen und heldenhaft unter der kalten Schwallbrause stehen. Wichtig ist, dass man den Reiz gut aushalten kann.
Stephanie Wesely