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Ein Blutzuckermessgerät nimmt vom Ringfinger ein Bluttropfen auf. Foto: AdobeStock/ GordonGrand
Regelmäßig den Blutzucker messen ist das A und O bei sommerlichen Temperaturen. Die Hände sollten dabei trocken sein. Foto: AdobeStock/ GordonGrand

Mit Diabetes durch die Sommerhitze

FreitalKnapp 90 Prozent der Diabetiker in Sachsen leiden unter Typ 2, dem sogenannten Altersdiabetes. Die Erkrankung beginnt oft schleichend. Der Körper entwickelt eine Insulinresistenz. Das bedeutet, dass das von der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin nicht mehr ausreicht, um den Zucker aus dem Blut in die Körperzellen aufzunehmen. Einige Patienten müssen sich zusätzlich Insulin spritzen. „Diabetiker müssen dabei im Sommer besonders aufpassen“, sagt Dr. Elisabeth Wendt, Diabetologin in den Helios Weißeritztal-Kliniken Freital.

Frau Dr. Wendt, warum kann vor allem ein heißer Sommer für Diabetiker gefährlich sein?

Ich würde das gar nicht auf den Sommer beschränken. Es kann bei jeder Jahreszeit zu Blutzuckerentgleisungen kommen. Im Sommer ist es die Hitze, im Herbst und im Winter sind es zum Beispiel die zunehmenden Infekte, die sich auf den Blutzucker auswirken und damit den Bedarf an Insulin verändern können.

Wie wirkt sich die Hitze aus?

Es kann zu stärkeren Blutzuckerschwankungen kommen. Zum einen arbeitet der Stoffwechsel mehr, was zu Unterzuckerungen führen kann. Zum anderen kann es durch Schwitzen zum Wasserverlust kommen, wenn nicht ausreichend getrunken wird. Das lässt den Blutzuckerspiegel ansteigen. Außerdem kann die Fähigkeit des Körpers zur Anpassung an steigende Außentemperaturen bei Diabetikern durch eine veränderte Hautdurchblutung oder diabetische Nervenschäden gestört sein.

Meist ernähren wir uns im Sommer auch anders. Welche Rolle spielt das?

Stimmt, wir essen zum Beispiel gern Obst. Grundsätzlich empfehlen wir zwei Hände voll am Tag im Rahmen einer gesunden Ernährung. Wenn nun aber frische Erdbeeren oder Melone auf dem Tisch stehen, greift man doch automatisch gern zu. Obst enthält mitunter viel Zucker, und da reicht das zugeführte Insulin manchmal nicht aus. Es kann zu einer Überzuckerung kommen. Melone ist im Übrigen sehr zuckerhaltig. Dazu kommt, dass man natürlich bei Wärme mehr Durst hat und auch gern mal zu einer kalten Limonade greift.

Eine junge Frau lächelt in die Kamera. Sie hat blonde Haare: Foto: Helios Weißeritztal-Kliniken Freital.

Dr. Elisabeth Wendt ist Fachärztin für Innere Medizin/Diabetologin und Oberärztin an den Helios Weißeritztal-Kliniken Freital. Foto: Helios Weißeritztal-Kliniken Freital

Wie sieht es mit Eis aus?

Nichts ist verboten! Sich zur Abkühlung ab und zu ein Eis zu gönnen, ist in Ordnung. Was viele Diabetiker allerdings unterschätzen: Auch Wassereis enthält Zucker! Alternativ könnte man sich vielleicht mal einen Joghurt einfrieren.

Wie erkennt man eine Überzuckerung?

Mitunter gar nicht so schnell. Diabetiker fühlen sich meist flau. Es kann ein starkes Durstempfinden auftreten, man muss oft auf die Toilette, fühlt sich schlapp oder hat Sehstörungen. Manche nehmen auch ab.

Häufiger kommt es bei Diabetikern im Sommer zur Unterzuckerung. Wieso?

Menschen mit Diabetes Typ 2 können mit Tabletten oder auch Insulin behandelt werden. Bei einer Insulintherapie sind die Patienten so eingestellt, wie es zu ihrem Ess- und Bewegungsverhalten, ihrem Alltag passt. Es gibt meist ein Schema, nach dem Insulin gespritzt wird. Im Sommer sind wir aber gern draußen, bewegen uns mehr, essen weniger. Es kann zur Unterzuckerung kommen. Wer sich unwohl fühlt und schwitzt, schiebt das gern auf die Wärme. Diabetiker sollten bei Unwohlsein aber sofort in den Schatten, sich hinsetzen, den Blutzucker messen und bei Bedarf Traubenzucker einnehmen oder etwas Zuckerhaltiges trinken.

Welche Blutzuckerwerte sind ideal?

Ich möchte ungern Zahlen nennen. Wer als Diabetiker in Behandlung ist, ist geschult. Der behandelnde Arzt hat Zielwerte festgelegt. Wer Beschwerden hat, sollte messen. Wenn die Werte wiederholt auffällig sind, sollte man zum Arzt gehen. Wer einen Blutzuckersensor und/oder eine Insulintherapie nutzt, muss darauf achten, dass alles richtig sitzt. Bei Hitze ist das mit Klebesensoren nicht so einfach. Es gibt aber Tapes, Tragegurte und auch Pflaster dafür.

Wie oft sollten Diabetiker ihre Werte im Sommer messen?

Wer sich gut fühlt und normal sein Insulin spritzt, sollte wie vom Arzt verordnet kontrollieren – meist vier Mal am Tag. Wer das Gefühl hat, dass die Werte nicht passen, sollte zusätzlich am Vormittag, Nachmittag oder vorm Schlafen messen. Sind die Werte sehr hoch oder treten Unterzuckerungen auf, am besten mit dem Arzt besprechen. In keinem Fall sollten Patienten ihre Insulindosis von allein ändern.


Insulin gehört in den Kühlschrank:

  • Medikamente und Hitze vertragen sich nicht. Herrschen in der Wohnung länger Temperaturen von mehr als25 Grad, sollte das Insulin in den Kühlschrank. Optimal ist eine Temperatur zwischen zwei und acht Grad.
  • Spätestens eine halbe Stunde vor dem Spritzen sollte man das Insulin aus dem Kühlschrank nehmen. Ist es zu kalt, kann die Injektion wehtun. Insulin, das Patienten im Pen nutzen, muss nicht zwingend gekühlt werden.
  • Auch Teststreifen müssen in den Schatten. Ebenso wenig sollte das Messgerät – wie jedes technische Gerät – in der Sonne liegen.

Worauf sollten Diabetiker im Sommer beim Trinken achten?

Es gilt das Gleiche wie für alle. Sie sollten ausreichend und regelmäßig trinken – vor allem ältere Menschen, auch wenn sie häufiger auf Toilette müssen. Es sei denn, ärztliche Kollegen empfehlen aufgrund einer anderen Erkrankung wie Herzschwäche, dass nur eine bestimmte Menge getrunken werden darf. Wichtig ist, dass es zuckerfreie Getränke sind. Man kann das Wasser zur Abwechslung ja mal mit einer Zitronenscheibe, Gurke oder Minze trinken.

Wie steht es um Alkohol?

Auch ein übermäßiger Alkoholkonsum bei warmen Temperaturen kann zu Unter- und Überzuckerung führen. Da sollte man also Vorsicht walten lassen.

Kommt es doch zu einer Unterzuckerung, sind Angehörige oft überfordert. Wann sollte man den Arzt rufen?

Heftiges Schwitzen, Zittern oder ganz einfach Unwohlsein können Anzeichen sein, dass etwas nicht stimmt. Der Blutzucker sollte kontrolliert werden! Wenn aber die Atmung auffällig wird, jemand nicht mehr ansprechbar ist, unter Erbrechen leidet oder selbst keinen Zucker mehr einnehmen kann, ist Zeit für den Rettungsdienst.

Haben Sie sonst noch einen Tipp?

Haben Sie sonst noch einen Tipp?

Diabetiker, die eine sogenannte Polyneuropathie an den Füßen haben, sollten nicht barfuß laufen. Durch Schädigungen der kleinen Nerven an den Füßen nehmen die Patienten Berührungen, Vibrationen und Temperaturen nicht so wahr wie gesunde Menschen. Sie können sich etwas eintreten oder sich verletzen, ohne es zu bemerken. Dann können größere Wunden entstehen, die schlecht heilen, denn Diabetiker haben häufig Probleme mit der Wundheilung.

Kornelia Noack

SZ-Lebensbegleiter Tipp:

Wussten Sie´s?

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