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Waldschänke Raupennest
Das Wirtspaar Denise Sender und Falk Sender-Petzold feiern 100 Jahre Waldschänke Raupennest. Foto: Egbert Kamprath

100 Jahre Einkehr im Raupennest

ALTENBERG – Heimatdichter Max Nacke würde sein Lokal noch wiedererkennen. Der Hutzenstuben-Geist des Erzgebirges ist im Altenberger Raupennest noch höchst lebendig. Aber nicht nur das.

Der Name mag seltsam klingen, ist aber schnell erklärt: Den hat der Raupennestberg und damit alles, was sich auf ihm befindet, vom ersten Bergherren Altenbergs. Wie er darauf kam, darüber lässt sich freilich nur spekulieren. Die direkte Verbindung zur Waldschänke Raupennest ganz oben auf dem Berg bietet der Skilift. Sie sammelt auch alle Wanderer auf, die auf dem Kammweg oder dem Europäischen Fernwanderweg E3 unterwegs sind. Nur ortsfremdeAutofahrer haben Schwierigkeiten: Wo ging es noch mal ab von der B170? Direkt dort in den Wald? Führt der Weg wirklich irgendwo hin?

Das tut er. Im nieselsatten Osterzgebirgswetter taucht die Schänke schließlich zwischen nassen Fichtenzweigen auf wie ein Märchenhaus aus einem Defa-Film. Das holzverkleidete Fachwerkhaus mit seinen gelben Fensterläden ist tatsächlich historisch: Vor einhundert Jahren begann Altenbergs MundartdichterMax Nacke zunächst damit, hier oben einen Getränkekiosk zu betreiben. Danach dauerte es nicht mehr lange, bis beide zur Legende wurden: dieHutzenohmde vom Nacke-Max genauso wie das kleine Ausflugslokal.

Es wurde bald etwas größer. Alte Postkarten zeigen, dass in den Dreißigerjahren eine Dachetage dazukam und der Küchenanbau länger wurde. Überhaupt scheinen in den einhundert Jahren Schankgeschichte immer nur Dinge hinzu- und kaum welche weggekommen zu sein. Wer auf der Sitzbank Platz nimmt, die sich um den gesamten Gastraum zieht, bekommt zur bodenständigen Küche noch eine gute Portion Erzgebirgstraditionen serviert: Der geschnitzte Holzarbeiter mit seinem Fuhrwerk ist genau an dieser Stelle auch auf Postkarten aus den siebziger Jahren wiederzuentdecken, die hölzernen Laternen-Lampen mit ihren handbemalten Glasfenstern haben ihren Platz nie verändert. Sogar Max Nackes Liedzeilen, die ursprünglich die Wände schmückten, wurden bei einer Renovierung als Bildtafeln konserviert: „Drum übern Heisel uff dr Ficht, do pfeift dr Fink sei Lied. On in man Heisel sing ich noch su lang bis ni mehr gieht.“

Denise Sender sieht keine Notwendigkeit, irgendetwas an der Innenausstattung zu ändern. Sie und ihr Mann Falk Sender-Petzold sind seit 2011 dasBetreiberpaar der Waldschänke, die noch immer den Nachfahren von Max Nacke gehört. Sie kommen beide aus Glashütte und Altenberg, haben beide Koch gelernt und gingen in den frühen 2000er-Jahren zusammen nach Südtirol und nach Österreich.

„Dort wird Gastronomie gelebt, besonders in Südtirol“, sagt Falk Sender-Petzold. „Die Gasthäuser sind gewachsene Familienunternehmen – der Großvater hat sie schon geführt, und die Kinder arbeiten auch schon mit.“ Für die Inhaber der Traditionsgasthöfe sei es selbstverständlich, ihr komplettes Leben dem Küchen-und Schankbetrieb unterzuordnen. „Das ist eine Siebentage-Woche mit vielleicht einer Woche Urlaub im Jahr.“ Dieses Berufsverständnis hat ihnen imponiert,„aber Freunde und Familie haben uns dort schon gefehlt.“ Die Waldschänke kennt Falk Sender-Petzold von Kindesbeinen an: „Bei Familienfesten kehrte manhier ein. Wenn man reinkam! Das war ja nicht selbstverständlich.“ Heute, an einem Nieseltag mitten in der Woche, rechnet er nicht mit vielen Gästen, „aber vorhersehen lässt sich das nie.“ Also schneidet er in der Küche Schnitzelstücke aus einem Schweinerücken. „Wenn dann Gäste kommen, bin ich vorbereitet“, sagt er.

Bei den Schnitzeln kann er sich darauf verlassen, dass sie bestellt werden. Schließlich hat er in Österreich Koch gelernt, entsprechend original bereitet er das dünngeklopfte Fleisch zu: „Schnitzel müssen im Fett schwimmen beim Braten, nur so bekommen sie den richtigen Geschmack und die richtige Konsistenz.“ Das zweite vorhersehbare Leibgericht seiner Gäste hat er ebenfalls aus Österreich mitgebracht: Käsespätzle, „den Bergkäse dafür beziehe ich auch aus Österreich.“

Wenn Wild auf der Karte steht, kommt es aus der Region Altenberg, „da haben wir ein gutes Jäger-Netzwerk.“ Der Bratapfel-Likör ist eine Kreation des Hauses. Eine weitere Spezialität ist das Bier aus dem Kloster Osegg: „Die böhmische Seite gehört hier dazu. Früher kamen die Ausflügler aus Teplice hierher zu den Veranstaltungen, so hat das mal angefangen“, sagt Falk Sender-Petzold.

Vom 7. bis 9. Juni gibt es wieder einmal gute Gründe, zur Waldschänke zu pilgern – an drei Abenden wird das 100. Jubiläum gefeiert.

Von Sirii Klose

SZ-Lebensbegleiter-Tipp

Festprogramm 100 Jahre Waldschänke Raupennest. Mehr infos unter www.altesraupennest.de.

7. Juni, 20 Uhr, deep note crew Drum’n’Bass, Techno, Eintritt 5 Euro.

8. Juni, 20 Uhr, Einlass ab 17 Uhr: Kontrastpunkt, Coverband, Eintritt 20 Euro

9. Juni, 15 Uhr, Hutz’n-Nachmittag mit den Geisinger Vugelbeern mit vorheriger Reservierung, kein Eintritt, „Hutkonzert“.

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