Sachsen – Rund 60.600 Pflegebedürftige werden in Sachsen in einem Pflegeheim versorgt. Die Kosten dafür können schon jetzt viele kaum noch bezahlen – doch sie steigen immer weiter. Im Schnitt 1.800 Euro pro Monat muss ein Heimbewohner in Sachsen derzeit selbst aufbringen. Laut einer Analyse des wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido) sind das etwa 37 Prozent mehr als noch im November 2021.
Bundesweit liegen die zu zahlenden Eigenanteile bei durchschnittlich 2.001 Euro, was einem Anstieg um 21 Prozent innerhalb eines Jahres entspricht. Wie die Auswertung von Versichertendaten zeigt, sind die regionalen Unterschiede groß. Am teuersten ist ein Heimplatz demnach mit 2.244 Euro Eigenanteil in Baden-Württemberg. Im Vergleich am günstigsten wegkommen die Sachsen-Anhalter, die im Schnitt 1.525 Euro pro Monat zuzahlen müssen. Die Spanne der Kosten für die reine Pflege reicht von 545 Euro pro Monat in Niedersachsen bis zu 878 Euro monatlich in Baden-Württemberg.
Für einen Heimplatz gibt es keinen festen Preis. Jeder Betreiber eines Hauses kalkuliert ihn selbst und muss ihn von den Pflegekassen und Sozialbehörden genehmigen lassen. Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für einen Platz aber nur zum Teil. Daher müssen Bewohner die Kosten für die reine Pflege, für Unterkunft und Verpflegung sowie auch für Investitionen selbst finanzieren – das ergibt den sogenannten Eigenanteil. Am höchsten fällt in Sachsen der Betrag für die reine Pflege aus. Im Schnitt werden laut Wido-Analyse dafür 712 Euro fällig. Darüber hinaus haben die Bewohner im Schnitt 677 Euro für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten von 410 Euro zu leisten.
Seit Jahren werden Heimplätze in Deutschland immer teurer. Nach Angaben des Wido sind die Eigenanteile seit 2017 jährlich zwischen 11 und 14 Prozent gestiegen. Das deckt sich mit Pflegedaten, die der Verband der Ersatzkassen (Vdek) www.vdek.com regelmäßig ermittelt. Laut Vdek lag der durchschnittliche Eigenanteil im Bundesschnitt bei 2.200 Euro.
Entlastung kaum spürbar
Die Kosten werden in den nächsten Monaten voraussichtlich noch weiter steigen, sagt Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. www.aok-bv.de Der sprunghafte Anstieg des Pflegemindestlohnes, aber auch die allgemeine Preisentwicklung führe auch zu höheren Tariflöhnen. „Diese Entwicklungen werden sich in höheren Preisen für die professionelle Pflege niederschlagen“, so Reimann. Verschiedene Sozialverbände hatten bereits vor Monaten vor höheren Kosten für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen gewarnt.
Seit 1. September 2022 sind die Pflegeeinrichtungen in Deutschland verpflichtet, ihre Beschäftigten in Pflege oder Betreuung mindestens auf Tarifniveau zu bezahlen. Laut AOK werde demnach mehr als jede zweite Einrichtung die Löhne anheben. „Aufgrund der Konstruktion der Pflegeversicherung werden etwa 60 Prozent der zusätzlichen Kosten an die Pflegebedürftigen weitergereicht“, sagt Reimann. Den Rest trage die soziale Pflegeversicherung über die neu eingeführten Zuschläge.
Diese werden seit Januar gezahlt. Genauer gesagt wird der Eigenanteil, den Heimbewohner für die reine Pflege zahlen müssen, bezuschusst. Er sinkt im ersten Jahr im Heim um 5 Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent. Doch die Zuschläge dämpfen die Kostensteigerung für Bewohner nur teilweise. Laut Analyse des Wido haben die Pflegekosten bereits schon jetzt wieder das Niveau von Ende 2018 erreicht. Weitere Preistreiber sind derzeit die Energiekosten und die Inflation.
„Eine Entlastung kann erreicht werden, indem die Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen herausgenommen werden“, sagt Reimann. „Dann könnten die steigenden Eigenanteile der Bewohner verringert werden.“ Darüber hinaus müssten die Länder die Investitionskosten übernehmen und die Pflegeleistungen müssten jährlich dynamisiert werden. Seit Jahren schon sind die Zuschüsse der Pflegekassen gleich – trotz steigender Pflegeheimkosten. Das hat in Sachsen unter anderem dazu geführt, dass immer mehr Heimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2020 erhielten 13.830 Pflegebedürftige Hilfen zur Pflege. Ein Jahr später waren es nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes bereits 14.990.
Wohngeld für Heimbewohner
Weil immer mehr Heimbewohner in finanzielle Nöte geraten, sollen sie ab Januar auch von Wohngeld profitieren. Bislang erhalten den Zuschuss zur Miete in der Regel nur Pflegebedürftige mit kleinem Einkommen, die in den eigenen vier Wänden betreut werden. „Die Ausweitung der Wohngeld-Ansprüche für Bewohner in Einrichtungen ist ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus, um die Pflegebedürftigen nachhaltig zu entlasten“, sagt Reimann. Ob ein Pflegebedürftiger Wohngeld beziehen darf und in welcher Höhe, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So darf er zum Beispiel keine anderen Sozialleistungen beziehen. Außerdem gibt es Grenzen für Vermögen und Einkommen, die jedoch nicht starr sind.
Auch die eine Million Pflegebedürftige, die zu Hause von ambulanten Diensten betreut werden, müssen die Preissteigerungen für Heizung, Strom und Lebensmittel schultern. Zusätzlich wird für viele nun die Pflege teurer, da auch die Dienste höhere Kosten kompensieren müssen. Carola Reimann: „Das wird in der ambulanten Pflege zu höheren Zuzahlungen oder zu Leistungseinschränkungen führen.“
Kornelia Noack
SZ-Lebensbegleiter Tipp:
Das kostet das Heim
So viel bezahlen Heimbewohner im Schnitt pro Monat an Eigenanteil:
Die Teuersten
1. Baden-Württemberg: 2.244 Euro
2. Saarland: 2.374 Euro
3. Nordrhein-Westfalen: 2.320 Euro
4. Rheinland-Pfalz: 2.189 Euro
5. Bremen: 2.051 Euro
Die Günstigsten
1. Sachsen-Anhalt:1.525 Euro
2. Mecklenb.-Vorpom.: 1.611 Euro
3. Thüringen: 1.693 Euro
4. Brandenburg: 1.719 Euro
5. Niedersachsen: 1.772 Euro
Quelle: AOK