Sachsen – In Sachsen leben rund eine Million Rentner. Knapp jeder Zweite von ihnen hat vergangenes Jahr eine Steuererklärung abgegeben. Als wenn das für viele nicht schon Ärger genug wäre, zeigt eine Berechnung nun, dass ältere Rentner im Osten teils mehr Steuern zahlen als im Westen – trotz einer ähnlich hohen Rente. Wer zum Beispiel 2010 in den Ruhestand gegangen ist und eine sogenannte Standardrente bezieht, zahlt im Osten 217 Euro Einkommenssteuer im Jahr, im Westen 128 Euro. Hervor geht das aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann.
Was bedeutet Standardrente?
Hierbei handelt es sich um eine statistische Annahme, die einen besseren Vergleich ermöglichen soll. Ein Standardrentner ist eine Person, die 45 Jahre lang durchschnittlich verdient hat und darauf Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Für 2023 lag die Standardrente im Osten bei 19.742 Euro, im Westen bei 19.877 Euro – vor Abzug der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung und vor Steuern. Wichtig: Der Wert ist eine fiktive Vergleichsgröße. In der Realität zahlen viele kürzer in die Rentenversicherung ein, oder ihr Verdienst weicht nach oben oder unten vom Durchschnittslohn ab.
Wie viele Steuern werden fällig?
Das hängt vom Jahr des Renteneintritts ab. Nach Berechnung der Bundesregierung müssen Standardrentner, die beispielsweise 2005 in Rente gegangen sind, im Osten 64 Euro im Jahr zahlen – im Westen dagegen gar nichts. Wer erst 2015 in den Ruhestand gegangen ist, landet demnach im Osten bei 344 Euro und im Westen bei 308 Euro. Erst bei einem Rentenbeginn ab dem Jahr 2020 drehe sich das Verhältnis um, heißt es in der Antwort der Regierung weiter. Dann würden in den alten Bundesländern mehr Steuern fällig. Wer etwa 2023 im Osten in Rente gegangen ist, zahlt 567 Euro jährlich, im Westen sind es 587 Euro.
Was ist der Hintergrund?
Das ist recht kompliziert. Seit 2005 wird die Besteuerung von Altersbezügen schrittweise umgestellt. „Die Beiträge, die jeder Beschäftigte in die Rentenversicherung einzahlt, werden nach und nach steuerfrei“, sagt Gabriele Kneschk von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe in Dresden. So konnten Beschäftigte im Jahr 2005 nur 60 Prozent der gezahlten Beiträge als Sonderausgaben von der Steuer absetzen. Inzwischen sind 100 Prozent. Das heißt, gezahlte Beiträge können nun komplett als Sonderausgabe steuerlich geltend gemacht werden. Allerdings: Später wird dafür die ausgezahlte Rente besteuert.
Welche Rolle spielen die jährlichen Rentenerhöhungen?
Sie sind der Knackpunkt. Denn die regelmäßigen Rentenerhöhungen im Juli werden zu dem steuerpflichtigen Teil der Rente hinzugerechnet. Das heißt, je höher die Rentensteigerung ausfällt, umso mehr Rente ist zu versteuern. „Bei den deutlichen Rentenerhöhungen in den vergangenen Jahren summiert sich das am Ende durchaus“, sagt Kneschk. Zumal im Zuge der Rentenangleichung die Renten im Osten in den vergangenen Jahren tendenziell stärker gestiegen sind als im Westen.
Im Jahr 2016 zum Beispiel betrug die Rentenerhöhung im Westen 4,25 Prozent, im Osten waren es dagegen 5,95 Prozent. Auch im Folgejahr war der Unterschied erheblich. 2017 wuchsen die West-Renten um 1,90 Prozent, die im Osten um 3,59 Prozent. Der Effekt: Der persönliche Rentenfreibetrag blieb immer gleich. Doch der zu versteuernde Anteil der Rente wuchs aufgrund der Erhöhungen weiter – und zwar im Osten schneller als im Westen. „Besonders trifft das natürlich hierzulande ältere Rentner, da sie im Laufe der Jahre am häufigsten eine Rentenerhöhung erhalten haben“, sagt Kneschk.
Besteuerung der Rente
Steuerpflichtiger Anteil der Rente ist abhängig vom Jahr des Rentenbeginns und steigt jedes Jahr um zwei Prozentpunkte. Seit 2021 nur noch um einen Prozentpunkt. Ab 2040 sind alle Rentenzahlungen voll steuerpflichtig.
Quelle: Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine
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Kornelia Noack